taz.de -- Höhe von Kita-Beiträgen: Arme Eltern werden stärker belastet
Arme Familien müssen überdurchschnittlich viel an Kita-Gebühren zahlen, zeigt eine Studie. Je nach Wohnort variieren Kita-Gebühren auch stark.
Gütersloh dpa | Arme Familien sind einer Studie zufolge bei Kita-Beiträgen überproportional stark belastet. Zwar sind die Gebühren vielerorts nach Einkommen gestaffelt – Haushalte unterhalb der Armutsrisikogrenze müssen aber dennoch durchschnittlich einen doppelt so hohen Anteil ihres Einkommens für die Kita aufwenden wie finanziell besser gestellte. Das geht aus der am Montag von der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh veröffentlichten Erhebung „ElternZoom 2018“ hervor. Außerdem fallen die Gebühren für die Kindertageseinrichtungen je nach Bundesland stark unterschiedlich aus. Die finanzielle Belastung der Familien variiere je nach Wohnort, kritisierte Stiftungsvorstand Jörg Dräger.
Armutsgefährdete Eltern, die über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens verfügen, geben monatlich fast 10 Prozent ihres gesamten Haushaltsnettoeinkommens – im Mittelwert 118 Euro – für die Kita aus. Bei Familien oberhalb der Armutsgrenze sind es „nur“ 5 Prozent – 178 Euro. Hinzu kommen laut Studie Zusatzgebühren etwa für Mittagessen, Hygieneartikel oder Ausflüge – rund 45 Euro im Schnitt.
Die Ergebnisse beruhen laut Bertelsmann auf zwei bundesweit teilweise in Kooperation mit Infratest-dimap erhobenen separaten Befragungen von insgesamt rund 10.490 Eltern.
Die finanzielle Belastung sei ungerecht verteilt, bemängelte die Stiftung – und forderte Kita-Beitragsfreiheit für armutsgefährdete Familien. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) bekräftigte in Berlin das Ziel einer Kita-Beitragsfreiheit. Hohe Elternbeiträge könnten eine Hürde sein, sagte sie laut Mitteilung. „Das Einkommen der Eltern darf aber nicht darüber entscheiden, ob und wann Kinder in eine Kindertageseinrichtung gehen. Eine zentrale Säule unseres Gute-Kita-Gesetzes ist deshalb der Einstieg in die Beitragsfreiheit.“ In dieser Wahlperiode fließen der Ministerin zufolge 3,5 Milliarden Euro in die Kindertagesbetreuung.
Je nach Bundesland schlagen die Kita-Gebühren laut Studie unterschiedlich stark zu Buche: Am meisten geben Eltern in Schleswig-Holstein mit 8,9 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Kita aus, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (7,8), Niedersachsen (7,3) und dem Saarland (7,2). Besonders wenig zahlen Familien in Berlin (2,0), Rheinland-Pfalz (4,0) und Hamburg (4,3). Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt – wie Bremen – mit 6,6 Prozent leicht über dem Bundesschnitt. Ähnlich sieht es in Hessen (6,7), Baden-Württemberg (6,5), Brandenburg (6,2), Thüringen (6,1) und Bayern (5,9) aus.
Qualität ist den Eltern wichtig: Eine bundesweite Mehrheit von 53 Prozent der einkommensschwachen und 59 Prozent der finanzkräftigeren Eltern würde für mehr Personal und bessere Ausstattung nach eigenen Angaben auch höhere Beiträge akzeptieren.
28 May 2018
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Freie Träger fordern, Bremens Kita-Finanzierung nach Hamburger Vorbild neu zu ordnen – mit Platzpauschalen und Träger-Autonomie anstelle zentralistischer Struktur.
Kostenlose Bildung von Krippe bis Uni – wie gerecht ist das eigentlich? Ein Blick auf den Norden zur bestehenden und geplanten Gebührenfreiheit und Alternativen.
Über der Kita-Debatte schwebt eine Entweder-oder-Frage: mehr ErzieherInnen oder keine Gebühren? Die Frage ist falsch – beides muss her.
Eine neue Studie zeigt, dass die Bundesregierung viel zu knapp kalkuliert hat. Jährlich müssten 15 Milliarden in den Ausbau der Kitas investiert werden.
3.000 Eltern und Erzieher*innen protestieren gegen zu wenige Plätze und schlechte Bezahlung in den Kitas. Bündnis fordert Krisengipfel.
Trotz Rechtsanspruch warten Eltern oft vergeblich auf einen Betreuungsplatz für ihr Kind. Am Samstag gehen deshalb Berliner Eltern auf die Straße.
Beim Streit um Kitaplätze geht es hin und her zwischen der Bildungssenatorin, den Bezirken und den Eltern. Die demonstrieren am Samstag.