taz.de -- Kommentar Abtreibung in Irland: Weg mit der Macht der Acht!
Der Abtreibungsparagraf in der irischen Verfassung war schon lange fällig. Nun steht die Regierung unter Handlungsdruck. Gut so!
Ein Paragraf über Abtreibung hat nichts in der Verfassung zu suchen – [1][1983 nicht, als er per Referendum eingeführt wurde], und heute erst recht nicht. Die Irinnen und Iren haben den 8. Zusatzparagrafen im Volksentscheid am Freitag [2][mit überraschend deutlicher Mehrheit wieder gestrichen].
Dass es überhaupt eine Mehrheit dafür gab, ist hingegen nicht überraschend, selbst wenn man im Ausland hartnäckig am Irlandbild des vorigen Jahrhunderts festhält. Auch für die deutschen Medien ist die grüne Insel offenbar unbekanntes Terrain. Tagesschau, Welt, Deutschlandfunk und Zeit sprechen vom „katholisch geprägten“ Irland, für Spiegel, Cicero und Süddeutsche Zeitung ist die Insel gar „erzkatholisch“.
Lediglich die Frankfurter Allgemeine hat mitbekommen, dass sich Irland in den vergangenen 20 Jahren stark verändert hat. Verhütungsmittel, Scheidung und Homosexualität wurden legalisiert, die gleichgeschlechtliche Ehe wurde per Referendum schon 2015 eingeführt. Der Verfassungsparagraf zur Abtreibung war die letzte große Schlacht für das konservative Lager
Dieser Paragraf führte zu der absurden Situation, dass eine Schwangere für eine Abtreibung zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt wird, während eine Mutter für einen Kindsmord mit einer milderen Strafe rechnen kann.
Schwangerschaftsabbrüche hat der Paragraf ohnehin nicht verhindert. Er machte sie aber gefährlicher. Wegen der logistischen und finanziellen Hürden, die für eine Abtreibung in England überwunden werden mussten, liegt der Prozentsatz der Irinnen, die nach der 20. Woche abtreiben, viel höher als bei Engländerinnen.
Ganz vorbei ist der Kampf noch nicht. [3][Die Abtreibungsgegner] – und davon sitzen auch eine ganze Reihe im Parlament – argumentieren bereits, dass das Volk lediglich dafür gestimmt habe, den Paragrafen aus der Verfassung zu streichen, aber nicht für Abtreibungen auf Verlangen bis zur 12. Schwangerschaftswoche.
Das ist unwahr: Die Regierung hat nie einen Zweifel daran gelassen, welches Gesetz sie nach einem Ja im Referendum verabschieden werde. Daran wird sie sich halten müssen. Dafür werden schon die jungen Menschen sorgen, die nahezu geschlossen für die Reform gestimmt haben.
26 May 2018
LINKS
=> //!5508130/ [1] //!5508130/
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Tod von Baby John beschäftigt Irland seit fast vier Jahrzehnten. Der Fall zeigt auch, wie sehr katholische Moralvorstellungen Frauen schadeten.
Wie bislang in Irland sind auch in Nordirland Schwangerschaftsabbrüche weitgehend verboten. Wegen formeller Gründe scheitert eine Klage.
Das strenge Abtreibungsverbot in Irland wird bald Geschichte sein. Der Ministerpräsident spricht von einer „stillen Revolution“.
Das offizielle Ergebnis des Volksentscheids steht noch aus, dennoch ist klar: Eine deutliche Mehrheit will Schwangerschaftsabbrüche legalisieren.
Der Kampf für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ist nicht nur einer für ungewollt Schwangere – sondern einer für die Freiheit aller.
Die Ir*innen stimmten vor 35 Jahren mehrheitlich für ein absolutes Abtreibungsverbot. Nun soll es abgeschafft werden. Ein Überblick.
Irland stimmt über sein Abtreibungsgesetz ab. Beim Kampf um die Stimmen mischen auch Aktivist*innen aus den USA mit.