taz.de -- RBB macht jetzt das „Mittagsmagazin“: Zum Mittag mehr Berlin

Der RBB entwickelt ein neues Standing in der Fernsehlandschaft: Ab Dienstag ist der Sender für das renommierte „Mittagsmagazin“ verantwortlich.
Bild: Moderieren für den RBB das „Mittagsmagazin“: Sascha Hingst und Jessy Wellmer

Man kann sich das heute, wenn man bei jedem dritten Spaziergang durch Mitte oder Kreuzberg über ein Filmteam stolpert, kaum mehr vorstellen: Dass es bis in die neunziger Jahre hinein äußerst selten Bilder dieser Stadt in Film und Fernsehen gab. Hinzu kam, dass man eher noch den Hessischen Rundfunk eingeschaltet hätte als ausgerechnet den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), das nicht ohne Grund quotenschwächste dritte Fernsehprogramm bis vor Kurzem.

Doch die Zeiten, in denen sich mit dem RBB eine Art Piefigkeit verbindet, wie sie alte Produktionen wie „Drei Damen vom Grill“ vermitteln, scheinen allmählich vorbei. Patricia Schlesinger, RBB-Intendantin seit gut einem Jahr, fährt eine große Programmreform.

Erst im Sommer 2017 ging eine Art Nachrichtensatire an den Start: die „Abendshow“. Und nun der nächste Coup, ein noch größeres Prestigeding: Das Informationsformat „Mittagsmagazin“ zieht von München nach Berlin, ab sofort produziert nach 27 Jahren nicht mehr der Bayerische Rundfunk im wöchentlichen Wechsel mit dem ZDF, sondern der RBB. Ab dem 2. Januar sendet das „Mittagsmagazin“ in einer Kooperation mit dem ZDF aus dessen Hauptstadt-Dependance Unter den Linden.

Die Erwartungen an die Quote liegen hoch, über 2 Millionen Zuschauer und ein Marktanteil von 22 Prozent erzielt das „Mittagsmagazin“ bis jetzt. Darum hat der RBB 2,8 Millionen Euro im Jahr für die neue Sendung veranschlagt – und es sieht zumindest im Moment ganz danach aus, als könne er sich das sogar leisten. Wie kein anderer Sender hat der wenig verwöhnte RBB von der Umstellung der Rundfunkgebühren auf die Haushaltsabgabe profitiert. Wurden 2013 im RBB-Gebiet nur 376 Millionen Euro für ARD, ZDF und Deutschlandradio eingesammelt, waren es 2014 schon knapp 432 Millionen. Beim BR dagegen muss strenger gespart werden.

Und was wird sich inhaltlich tun dank mehr Berlin beim einstündigen „Mittagsmagazin“? Relevanter und lebendiger soll es werden, heißt es aus dem RBB. Es soll häufiger Gäste aus der benachbarten Bundespolitik geben, die ganz einfach mal in der Mittagspause vorbeischneien oder per Liveschalte dazugeholt werden können.

Vor allem das Moderatorenduo Jessy Wellmer und Sascha Hingst verspricht aber frischen Wind. Wellmer kennt man aus der Spätausgabe von „RBB Aktuell“ und seit Sommer auch als Moderatorin der ARD-„Sportschau“, Hingst von der RBB-„Abendschau“, beide wollen diesen Aufgaben weiterhin treu bleiben. Tatsächlich ist dies ein junges Zweiergespann, ein Team mit Ostsozialisation noch dazu, mit dem es spannend werden könnte. Zuletzt sagte Sascha Hingst beispielsweise, ihn interessiere vor allem mehr Konfrontation, mehr Tiefe in den Gesprächen.

2 Jan 2018

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Susanne Messmer

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RBB
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Schwerpunkt Ostdeutsche und Migranten
Lesestück Interview
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Patricia Schlesinger
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