taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Ist denn gar nichts mehr heilig?

Weihnachten wollen wir Ruhe und unseren Frieden. Da stört es, wenn traditionelle Öko-Sünder plötzlich ein bisschen grün werden.
Bild: Baggert immer noch am Klima: BHP Billiton in Australien

Endlich Weihnachtsferien! In der Jahresendzeit-Auszeit verfällt meine Familie kollektiv dem Winterschlaf. Alle träumen von Ruhe, Frieden, Verlässlichkeit, leckerem Essen und süßem Nichtstun. Nur mich treibt die Unruhe. Für ein friedliches Fest habe ich zuletzt zu viele verstörende Meldungen gelesen.

Zum Beispiel: BHP Billiton, der mächtige Rohstoffkonzern, will die Weltkohlevereinigung WCA und die US-Handelskammer verlassen. Den Bergbau-Giganten stört, dass diese Verbände gegen den Klimaschutz hetzen. Beunruhigend auch: Die Weltbank will bald keine Projekte für Öl und Gas mehr finanzieren, Kohle ist schon gestoppt. Der Versicherungskonzern AXA zieht Milliarden aus Kohle und Ölsänden ab.

Und jetzt noch das: China, Weltmarktführer der süß-sauren Ökoschweinereien, will CO2-Emissionen mit einem Preis bestrafen. Der Bund der Energiewirtschaft BDEW sagt voraus, dass Erneuerbare den deutschen Strommarkt dominieren. Und ich zittere immer noch, wenn ich an VW denke: Schluss mit den Subventionen für Diesel, über Tempolimit und Blaue Plakette müsse man reden, hat VW-Chef Matthias Müller erklärt.

Die Champions League der Öko-Schurken ruiniert ihren Ruf

Ja, ist denn gar nichts mehr heilig? Da wünscht man sich ein bisschen Ruhe, Frieden, Verlässlichkeit und dann? Schmeißen die üblichen Verdächtigen, die sich über Jahrzehnte ihren schlechten Ruf hart erarbeitet haben, dieses Corporate Branding einfach weg. BHP Billiton, die Weltbank, China, VW, das war einmal die Champions League der Öko-Schurken. Plötzlich gelten jahrzehntealte Dogmen nicht mehr.

Was kommt als Nächstes? Übernimmt Noch-Agrarminister Christian („So isser“) Schmidt einen Biohof und verdammt Glyphosat? Gesteht Donald Trump auf Twitter, dass sich die Erde um die Sonne dreht? Fährt die Deutsche Bahn pünktlich, auch wenn die Sonne scheint? Entdeckt die SPD, dass bei der K-Frage das -lima wichtiger ist als der -anzler?

Leute, so geht das nicht! Bei all der Globalisierung, Digitalisierung und Idiotisierung brauchen wir verlässliche Koordinaten. Die Bösen können nicht plötzlich gut werden. Das hieß ja, dass die Guten vielleicht … Halt, nicht weiterdenken! Schon gar nicht zum Fest des Friedens.

Das schönste Vorweihnachtsgeschenk kam daher von der FDP. Als die Liberalen Jamaika versenkten, haben sie zumindest für die nächsten vier Jahre meinen Seelenfrieden gerettet. Schwarz-Gelb-Grün hätte nun wirklich alle meine mühsam erworbenen Vorurteile durcheinandergewirbelt. Puh, das war knapp.

24 Dec 2017

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Bernhard Pötter

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