taz.de -- Österreichs neue Regierung: Ohne Erfahrung eingestellt

Die Opposition fühlen sich von der Regierung verhöhnt. Sie kritisiert, dass unerfahrene Politiker auf höchsten Ämtern „zwischengeparkt“ werden.
Bild: Die drei NationalratspräsidentInnen Doris Bures (links), Wolfgang Sobotka und Anneliese Kitzmueller

„Das Nationalratspräsidium ist kein Rangierbahnhof für Leute, die kein Regierungsamt bekommen haben.“ Nikolaus Scherak von den liberalen Neos zeigte sich am Mittwoch ernsthaft verärgert. Noch bevor der neue Bundeskanzler Sebastian Kurz am selben Tag das Programm seiner Rechtsregierung vor dem Nationalrat vorstellte, gab es Aufregung. Die Abgeordneten fühlen sich als Repräsentanten einer Staatsgewalt verhöhnt.

Die 39-jährige Kurz-Vertraute Elisabeth Köstinger sei für gerade 39 Tage im zweithöchsten Amt des Staates „zwischengeparkt“ worden, sagen die Neos. Köstinger wurde Anfang November als erste Nationalratspräsidentin vereidigt – obwohl es ihr erster Tag im Parlament war und die Position üblicherweise erfahrenen Abgeordneten anvertraut wird. Nun ist sie Landwirtschaftsministerin. Auch Norbert Hofer von der FPÖ blieb nicht lange auf seinem Posten als dritter Präsident. Er wurde Infrastrukturminister.

Ersetzt werden die beiden Präsidenten zum einen durch den ehemaligen Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), der zwar als Finanzlandesrat in Niederösterreich war, aber keinerlei parlamentarische Erfahrung vorweisen kann. Zum anderen durch Anneliese Kitzmüller von der FPÖ, die ideologisch als Zumutung betrachtet wird. Sie gehört zwei deutschnationalen Mädelschaften an, ihr Familienbild ist das des 19. Jahrhunderts. Oppositionsführer Christian Kern (SPÖ) kündigte vorher an, er werde gegen die neuen Präsidenten stimmen. Dem folgte Mittwoch fast die ganze Opposition.

Am Vortag erst hatte Johann Gudenus, der neue geschäftsführende Fraktionsvorsitzende der FPÖ, mit einem neuen Vorschlag zur Unterbringung von Flüchtlingen für einen Aufreger gesorgt. Dabei ist es ja kein Geheimnis, dass die Regierung Asylsuchende schikanieren will. Dafür wurde sie ja von vielen Menschen gewählt.

Doch Gudenus hatte [1][in einem TV-Interview angeregt], alle Asylbewerber in Massenunterkünften am Stadtrand zu konzentrieren: „Diese Einladung an illegale Massenmigration sollte man insofern einschränken, als dass man diesen Migranten zeigt, in Österreich ist es doch nicht so gemütlich, wie alle glauben.“

Derzeit sind in Wien rund 13.000 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht. Dass das billiger sei und der Integration diene, ist für ihn kein Argument. Selbst Vizekanzler Strache, der sich neuerdings moderat gibt, zeigte sich gegenüber dem Vorstoß seines Parteifreundes auffällig reserviert.

20 Dec 2017

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[1] http://wien.orf.at/news/stories/2884715/

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Ralf Leonhard

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