taz.de -- Kolumne Nach Geburt: Drei Regeln zum Elternglück

Kinderkriegen kostet. Bis zu 6.000 Euro geben viele Eltern allein für die Erstausstattung ihres Neugeborenen aus. Was für ein Quatsch!
Bild: Was muss Teil der Erstausstattung sein? Richtig, ein Kind wäre nicht schlecht

Vor Kurzem hab ich im Deutschlandfunk einen „Hintergrund“ gehört. Thema: „[1][Das große Geld mit den Babys]“. Drei Mütter überschlugen mal, was sie so für die Erstausstattung vor der Geburt ihres Babys ausgegeben haben. Mutter eins: 1.500 bis 2.000 Euro. Mutter zwei: 2.000 bis 3.000 Euro. Mutter drei: 5.000 bis 6.000 Euro. Väter kamen nicht zu Wort.

Die These der Sendung: Der Konsumdruck sei so hoch, dass werdende Mütter verunsichert würden und ganz viel Geld ausgäben. Kinder seien generell teuer. Sechsstellige Summen verschlängen sie, bis sie volljährig seien. Und deshalb habe „das Kinderkriegen für viele Paare seine Unbeschwertheit verloren“.

Freunde, das kann doch nicht wahr sein. Das Kinderkriegen wird zum Krampf, weil wir Eltern zu viel Kohle ausgeben? Und das schon vor der Geburt? Wir haben vor der Geburt unserer ersten Tochter vielleicht 300 oder 400 Euro ausgegeben – ohne auf irgendetwas Essenzielles zu verzichten.

Also, liebe werdende Eltern, ich versuche mal, Ihnen den Konsumdruck zu nehmen. Beachten Sie einfach drei simple Regeln.

Regel Nummer eins: Sie brauchen quasi nichts. Nehmen Sie das als Ausgangspunkt. Nehmen Sie keine lange Liste, die Sie irgendwo im Internet gefunden haben, um dann wegzustreichen, was nicht ins Budget passt. Nein. Gehen Sie erst mal davon aus, dass Ihr kleines Kind schläft, trinkt, spuckt, scheißt, schläft, trinkt, spuckt, scheißt und so weiter. Es liegt auf Ihnen drauf, es spielt mit nichts, Sie und Ihr Baby werden sich selbst genug sein.

Also: Liste leer? Sehr gut. Dann schreiben Sie drauf: Babybett oder Beistellbett, Klamotten, Spucktücher, Kinderwagen, Tragetuch, Wickeltisch (schon den halten einige für überflüssig, ich nicht). Und das leihen Sie sich dann alles. Wirklich. Unter jungen Eltern herrschen quasi paradiesische Zustände: So sozial – so gewillt, abzugeben, zu teilen, zu verleihen – werden die Leute in Ihrem Umfeld nie wieder sein. Sie kriegen fast alles. Als Dank für den schönen Body reicht ein Foto von Ihrem Kind für die Eltern, die Ihnen das Teil vermacht oder geliehen haben.

Vielleicht auch ne Milchpumpe

Sollten Sie in Ihrem Umfeld das erste Paar sein, das ein Kind erwartet, und niemand kann Ihnen die Sachen leihen – kaufen Sie sie gebraucht. Regel Nummer zwei: Kaufen Sie nichts neu. Kinderbetten und Wickeltische kriegen sie hinterhergeschmissen.

Und ganz wichtig: Sie brauchen keinen Kinderwagen für 1.500 Euro. Aber der hat doch so eine tolle … Nein. Aber mit dem kann man so schön … Nein. Aber das ist doch so praktisch, wenn … Nein. Regel Nummer drei: Niemand braucht einen Kinderwagen für 1.500 Euro. Wirklich niemand.

Und jetzt schreiben Sie noch Milchpumpe und Fläschchen auf die Liste. Wenn Sie wollen. Das kann sehr schnell zu gleichberechtigtem nächtlichem Aufstehen führen.

Viel Spaß mit Ihrem Nachwuchs! Seien Sie unbeschwert!

14 Dec 2017

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[1] http://www.deutschlandfunk.de/industriezweig-boomt-das-grosse-geld-mit-den-babys.724.de.html?dram%3Aarticle_id=402264

AUTOREN

Jürn Kruse

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