taz.de -- Brandanschlag auf Flüchtlingsheim: Haft für Angeklagten gefordert

21-Jähriger soll viereinhalb Jahre ins Gefängnis, fordert der Staatsanwalt. Er habe Molotowcocktails auf eine Unterkunft im brandenburgischen Jüterbog geworfen.
Bild: Die Unterkunft in Jüterbog nach dem Anschlag

Potsdam (dpa) | Im Prozess um den Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Jüterbog (Teltow-Fläming) hat die Staatsanwaltschaft für einen 21-jährigen Angeklagten viereinhalb Jahre Haft gefordert. Dieser habe im Oktober 2016 gemeinsam mit einem 19-Jährigen zwei Molotowcocktails auf das Wohnheim geworfen, sagte Staatsanwältin Susanne Gunia am Freitag in ihrem Plädoyer. Das sei als gemeinschaftlich begangener Mordversuch und schwere Brandstiftung zu werten.

Anstifter für die fremdenfeindliche Tat ist aus Sicht der Anklage der 41-jährige Vater des Angeklagten. Dem Vater und dem Sohn bescheinigte die Anklägerin eine rechtsextreme Gesinnung.

Dem widersprach der Verteidiger Torsten Kauer. „Mein Mandant ist kein Rechtsradikaler“, betonte er in seinem Plädoyer. Vielmehr habe sich der 21-Jährige von den Mittätern zu dem Anschlag überreden lassen. Die Molotowcocktails habe der Vater gebaut. „Er wollte nicht als Looser dastehen und von seinem Vater endlich einmal Anerkennung bekommen.“

Sein Mandant habe den Molotowcocktail aber nur „sehr lasch“ geworfen, damit dieser die Scheibe nicht durchschlägt. „Er wollte nicht, dass Menschen in Gefahr kommen.“ Kauer forderte eine Bewährungsstrafe für den 21-Jährigen. Das Urteil soll am kommenden Donnerstag gesprochen werden.

Betreuer konnten das Feuer löschen

Einen Antrag der Staatsanwaltschaft, den Angeklagten wieder in Haft zu nehmen, lehnte das Gericht ab. Dieser hatte neun Monate in Untersuchungshaft gesessen und war im Oktober freigelassen worden, nachdem eine Zeugin Hinweise auf die Mittäterschaft des Vaters und eines 19-jährigen Bekannten gegeben hatte.

Der 21-Jährige hatte sich bis dahin im Prozess als alleiniger Täter dargestellt. Gegen die beiden mutmaßlichen Mttäter werden gesonderte Verfahren geführt. Der Vater sitzt in Untersuchungshaft, der 19-Jährige hat die Tat gestanden und ist wieder auf freiem Fuß.

Bei dem Brandanschlag war niemand verletzt worden, Betreuer hatten das Feuer schnell löschen können. Allerdings hätten einige der jungen Flüchtlinge monatelang unter Angstzuständen gelitten, sagte die Staatsanwältin. In dem Heim lebten 15 Flüchtlinge im Alter zwischen 14 und 20 Jahren.

17 Nov 2017

TAGS

Schwerpunkt Neonazis
Anschlag
Flüchtlinge
Schwerpunkt Flucht
Nauen
Schwerpunkt Flucht

ARTIKEL ZUM THEMA

Anschlag auf Flüchtlingsheim: Bewährungsstrafe für Brandanschlag

Weil er ein Flüchtlingsheim in Brand setzte, wurde ein 21-Jähriger zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Auch gegen seinen Vater läuft ein Verfahren.

Anschläge auf Unterkünfte 2016: Es brennt in Deutschland

Im vergangenen Jahr gab es 141 Fälle von mutmaßlicher Brandstiftung auf Unterkünfte von Geflüchteten.

Anschlag auf Asylunterkunft in Nauen: „Krass, wie das brennt“

Sie sollen in Nauen rechte Straftaten verübt haben. Am Ende brannte die lokale Sporthalle. Vor Gericht gestehen einige Angeklagte.

Anschlag auf Gemeindetreff in Jüterbog: Nach einem Jahr noch ohne Täter

Vor einem Jahr detonierte in Jüterbog ein Sprengsatz in einem Gemeindezentrum, das auch Flüchtlinge nutzen. Die Täter sind noch immer nicht gefasst.