taz.de -- Kommentar Diplomatie USA-Russland: Schauboxen auf Augenhöhe
Putin kann die diplomatische Krise mit den USA innenpolitisch nutzen. Genauso gewinnt Trump durch den Eindruck des Abstands zu Russland.
Im Umgang mit den USA geht es Russland vor allem um eins: Anerkennung auf Augenhöhe, sprich Gleichbehandlung. Im seit Monaten wütenden diplomatischen Streit zwischen Washington und Moskau hat der Kreml dieses Ziel zumindest erreicht. Das Weiße Haus forderte Russland auf, Moskaus Vertretung in San Francisco und zwei Handelsniederlassungen in Washington und New York zu räumen. Eine Retourkutsche für die mehr als 700 US-Botschaftsmitarbeiter in Moskau, deren Entlassung der Kreml im Juli verfügte.
Tit for tat? Eins fürs andere? Diplomatischer formuliert wurden nunmehr „adäquate Gegenmaßnahmen“ gefunden. Die Gemeinheit indes – die Russen haben nur zwei Tage Zeit, die Immobilien zu räumen. Sie dürfen aber im Land bleiben. Garstige Freundlichkeiten. Diplomaten sind darauf vorbereitet, so kündigt sich die nächste Eskalationsstufe schon an. Bis zum Abbruch diplomatischer Beziehungen kann sich das noch hochschrauben. Danach dürfte es wieder mit guten Absichten von vorne losgehen. Im Grunde also nichts Dramatisches.
Putin-Bewunderer Donald Trump muss sich des Verdachts erwehren, kein in der Wolle gefärbter Russe zu sein. Sein Apparat hat für ihn diese Aufgabe übernommen. Er fügt sich widerstrebend.
Auch Putin werden neben dem üblichen Antiamerikanismus von russischen Beobachtern persönliche Motive unterstellt. Wegen der Enthüllungen der Panama-Papers letztes Jahr, die (nicht nur) Russlands korrupte Elite bloßstellten, soll der Kremlchef den Geheimdiensten den Auftrag erteilt haben, sich engagierter in den US-Wahlkampf einzumischen. Er sei überzeugt, der CIA stecke hinter Panama.
Das klingt abenteuerlich, ist aber nicht ausgeschlossen. Putin und Trump sehen die Welt ähnlich, nur durch ihre jeweils eigenen Augen. Sie können nicht anders, beide lieben auch das Schauboxen. Dessen ungeachtet heißt das oberste Prinzip friedliche Koexistenz: Die Sanktionen bleiben auf Jahre erhalten und stiften im Westen womöglich noch ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Auch in Moskau bleibt alles beim Alten: Russlands pathologischer Antiamerikanismus wirkt weiterhin systemerhaltend.
1 Sep 2017
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Das beginnende Großmanöver „Sapad 2017“ beunruhigt nicht nur die Nachbarn. Es enthüllt auch Moskauer Merkwürdigkeiten.
Scheidende US-Präsidenten lassen ihrem Nachfolger stets einen Brief zurück. Was Obama an Trump schrieb, wurde jetzt publik. Es liest sich wie eine Vorahnung.
Bei den Feiern zur Unabhängigkeit waren auch Militärs der Nato dabei. Bei einer Explosion wurden am Donnerstag zwei Menschen verletzt.
In der Russland-Affäre ist Paul Manafort eine Hauptfigur. Er pflegte gute Kontakte nach Moskau. Als das FBI sein Haus durchsucht, zeigt sich der Ex von Trump kooperativ.
Kremlchef Putin hat angesichts neuer US-Sanktionen genug und schränkt die Arbeit der US-Missionen in Russland empfindlich ein.
Der US-Kongress hat in dieser Woche neue Sanktionen gegen Russland beschlossen. Russland reagiert nun mit Einschränkungen für US-Diplomaten.