taz.de -- Straßenschilder in Hamburg: Frauen? Ja, ja, die auch

Gleichberechtigung in Nachgang: Bei zwölf nach einem Mann benannten Hamburger Straßen ist deren Frau ab sofort mitgemeint.
Bild: Berühmten Frauen wird zu selten ein Denkmal gesetzt. So geraten sie in Vergessenheit

Dreihundertfünfundachtzig. Das ist die Zahl der Straßen in Hamburg, die nach Frauen benannt sind. Im Vergleich zu 2.508 nach Männern benannten Straßen. Dieser Ungerechtigkeit soll jetzt Abhilfe geschaffen werden.

Zwölf Straßen, ursprünglich nach Männern benannt, sollen nun auch den dazugehörigen Frauen ihre Ehre erweisen. So wird mit der „Herderstraße“ nicht mehr nur an Johann Gottfried Herder (1744–1803) erinnert, sondern auch an seine Frau, die Autorin Maria Karoline Herder (1750–1809).

Straßen sind das kollektive Gedächtnis einer Stadt. Wenn Frauen hier nicht gewürdigt werden, erfahren sie auch keine Anerkennung im Alltag. Bis 1973 war die Lage besonders prekär: Zwischen 1950 und 1973 wurden nur 55 Straßen nach Frauen benannt und 768 nach Männern.

„Trotz aller Leistungen von Frauen scheint die Erinnerung an sie schneller zu verblassen, sind die Archive und Netze der Erinnerung besonders löchrig“, schreibt Rita Bake, die ehemalige Leiterin der Landeszentrale für Politische Bildung, in ihrer Datenbank für Hamburger Frauenbiografien. Mit dieser begann sie, weil sie bei Ehrungen immer wieder zu hören bekam, es sei dazu keine Frau von Bedeutung bekannt. Warum wohl?

Klar, seit 1958 hat sich schon viel getan. Aber das jetzt angesichts solcher Zahlen zwölf Straßennamen die Frauen der ursprünglich Geehrten mitbenennen? Das wirkt lächerlich und bemüht.

Echter Wille zur Anerkennung scheint zu fehlen.

15 Aug 2017

AUTOREN

Mira Sonia Bahl

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Deutscher Kolonialismus
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