taz.de -- Jamaika-Koalition als Option für den Bund: Sagen Sie jetzt nichts

Ein Jamaika-Koalition könnte in Berlin die einzige Machtoption der Grünen sein. Wie wahrscheinlich ist es, dass sie mit Union und FDP koalieren?
Bild: Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir wissen, wie empfindlich Teile ihrer Wählerschaft auf Koalitionen mit einstigen Gegnern reagieren

Berlin taz | Für Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt ist [1][die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein] kein Vorbild für Berlin. „Land ist Land und Bund ist Bund“, sagte Göring-Eckardt am Mittwoch der taz. „Viele Themen, Akteure und Konflikte sind auf Bundesebene einfach andere.“ Für die Grünen im Bund gelte, „wer mit uns koalieren will, muss bereit sein, bei unseren wichtigsten Vorhaben entschieden mit uns voranzugehen“. Als Beispiele nannte sie den Klimaschutz, ein starkes Europa oder einen sicheren Sozialstaat.

Das ist die offizielle Sprachregelung. Führende Grüne vermeiden es, irgendeine Präferenz für eine Koalition erkennen zu lassen, auch wenn, so ist der Stand der Umfragen, Jamaika die einzige Machtoption für die Grünen in Berlin werden könnte. Göring-Eckardt und ihr Ko-Spitzenkandidat Cem Özdemir wissen, wie empfindlich Teile ihrer Wählerschaft auf Koalitionen mit einstigen Gegnern reagieren.

Jedes Wort zu viel könnte den 8-Prozent-Sockel, auf dem die Grünen im Moment stehen, weiter bröckeln lassen. Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer der Grünen, äußerte sich gestern ähnlich. „Auf Bundesebene ist es anders als auf Landesebene“, sagte er. Die Grünen schlössen die Zusammenarbeit mit der AfD aus, mit der SPD hätten sie die größte Schnittmenge. „Alles andere sieht man später.“

Doch wahr ist auch: Dass Monika Heinold und Robert Habeck, die führenden Kieler Grünen, zügig und pragmatisch ein Bündnis mit CDU und FDP geschmiedet haben, regt die Fantasie an, in der Ökopartei und in den Medien. Ein Jamaika-Bündnis unter Angela Merkel ist gar nicht so unwahrscheinlich, wie es zunächst scheint. Dass ein offizieller Ausschluss dieser Option unsouverän und ängstlich wirkte, geben auch erklärte Linksgrüne hinter vorgehaltener Hand zu.

Außerdem wird der Druck zunehmen: Wenn sich die Stimmung in den Umfragen nicht dreht und Merkel weiter deutlich vorn liegt, dann könnte die Frage lauten: Kommt wieder eine Große Koalition – oder ringen sich die Grünen zu einem Jamaika-Bündnis durch? Die CSU, auf die Göring-Eckardt anspielt, würde die Vierer-Koalition sicher erschweren, aber Horst Seehofers Truppen haben sich schon oft flexibel gezeigt, wenn es um den Machterhalt ging. Und die führenden Grünen sind fest entschlossen, die zwölf Jahre Opposition hinter sich zu lassen. Jamaika ist deshalb eine Option, die man auf dem Schirm haben sollte.

Göring-Eckardt vermied es am Mittwoch, den Abschluss der Verhandlungen in Kiel zu bewerten. „Wenn der Landesverband Schleswig-Holstein sagt, dass das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen passt, dann passt es auch für uns.“ Details seien ja noch nicht bekannt, sie sei gespannt. „Es ist immer gut, wenn es mit grünen Inhalten Fortschritte gibt.“

15 Jun 2017

LINKS

[1] /!5418172

AUTOREN

Ulrich Schulte

TAGS

Jamaika-Koalition
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Landtagswahl Schleswig-Holstein
Jamaika-Koalition
Cem Özdemir
Jamaika-Koalition
Schleswig-Holstein
Katrin Göring-Eckardt
Parteiprogramm

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Jamaika-Koalition: Die Grünen wittern Macht

Auch wenn die Grünen nicht gerne darüber reden: Ein Bündnis mit CDU, CSU und FDP wäre im Herbst durchaus möglich.

Bundesparteitag in Berlin: Machen Grüne den Unterschied?

Das Programm, das sich die Grünen vorgenommen haben, ist enorm: Umwelt, Klimaschutz, Gerechtigkeit, Freiheit.

Kommentar Jamaika in Schleswig-Holstein: Keine Angst vor Verletzungen

Die Jamaika-Koalition in Kiel ist ein pragmatisches Zweckbündnis. Die Grünen stellen sich darin ihrem Wunsch zu verändern.

Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein: Nordische Kombination

CDU, Grüne und FDP wollen in Kiel fortan gemeinsam regieren. Die Grünen punkten bei Öko-Themen, bei der Sozialpolitik eher weniger.

Grüne Spitzenkandidatin über ihre Ziele: „Ich finde Merkel nicht gut“

Katrin Göring-Eckardt soll die Grünen zum Regieren bringen – fast egal, mit wem. Ein Gespräch über Vorurteile, Koalitionen und die Krise der Partei.

Vor dem Parteitag der Grünen: Linke Basisgrüne mucken auf

Mehrere Kreisverbände fordern einen scharfkantigeren Regierungsplan: Sie sind gegen Kohle und Hartz-IV und wollen die Vermögenssteuer einführen.