taz.de -- Kommentar Investorenschutzgerichte: Paralleljustiz durch Freihandel

Ein luxemburgischer Investmentfonds verklagt Spanien wegen gestrichener Zulagen. So könnte die Paralleljustiz der Freihandelsabkommen aussehen.
Bild: Solarpark in Sevilla

Eine stolze Summe: 128 Millionen Euro muss die [1][spanische Regierung an den Investmentfonds Eiser Infrastructure] zahlen, der in Luxemburg sitzt. So hat es ein Schiedsgericht in Washington entschieden.

Zunächst mag das Urteil fair erscheinen. Eiser hat in spanische Solarparks investiert, weil man von staatlichen Zulagen profitieren wollte. Doch als die Eurokrise ausbrach, musste die spanische Regierung sparen und hat diese Solarzulagen gekürzt. Eiser fühlte sich geprellt. Trotzdem ist der Fall seltsam. Denn der Investmentfonds war keineswegs die einzige Firma, die in spanische Solarparks investiert hat. Auch spanische Unternehmen waren beteiligt. Doch die Spanier erhielten keinen Schadenersatz – weil spanische Gerichte entschieden haben, dass es rechtens war, dass der Staat die Zulagen streicht.

Dieser Fall aus Spanien zeigt erneut, wie gefährlich die sogenannten Investitionsschutzklauseln sind, die sich in der internationalen Energiecharta finden und die auch in fast jedem anderen Freihandelsabkommen verankert sind. Denn es wird eine Paralleljustiz für ausländische Konzerne etabliert. Sie können ein Schiedsgericht in Washington anrufen, wann immer sie ihre „legitimen Gewinnerwartungen“ geschmälert sehen. Bizarre Konsequenz: Die Gerichte in demokratischen Ländern wie Spanien werden ausgehebelt.

Deutschland macht ähnliche Erfahrungen. Alle großen Energiekonzerne klagen gegen den Atomausstieg. Aber nur Vattenfall ist im Ausland angesiedelt und kann daher vor ein Schiedsgericht in Washington ziehen. Dort verlangen die Schweden fast 5 Milliarden Euro von der Bundesregierung, was sie bei einem deutschen Gericht niemals durchsetzen könnten.

Ein bekanntes Sprichwort lautet: „Aus Schaden wird man klug.“ Doch bei den Europäern ist dies leider noch nicht zu erkennen. Im geplanten Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) ist „Investorenschutz“ noch immer vorgesehen.

8 May 2017

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Ulrike Herrmann

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