taz.de -- Luftgewehrschießen bei Olympia: Spannung bis zur letzten Sekunde

In einem packenden Finale zwingt der Italiener Niccolò Campriani seine Gegner aus der Ukraine und Russland in die Knie.
Bild: Niccolò Campriani (mitte) ist der strahlende Sieger, Serhiy Kulish (links) wird zweiter, Vladimir Maslennikov (rechts) dritter

Die Startbedingungen: Das Olympische Schusszentrum. Spannung liegt in der Luft. Vor kurzem wurden hier No-Names zu unsterblichen Nationalhelden. Wer braucht schon solche Stars wie Durant oder Neymar, wenn man ein 10 Meter Schießen in einer dunklen Halle bewundern kann. Mit unbekannten russischen und ukrainischen Schützen. Ob die sich wohl gegenseitig kennen? Naja egal, auf geht's. Wird bestimmt spannend. Keine Kommerzpampe undso.

Das Finale: Startet mit einer herben Enttäuschung, denn weder ARD noch ZDF sind gewillt, dieses Riesenevent zu übertragen. Also müssen wir auf die russischen Kollegen von наш спорт zurückgreifen. Macht jetzt doppelt Spaß, da wir neben den Schützen, die keine Mine verziehen, auch die russischen Kommentatoren nicht verstehen.

Zum Glück ist dieser Sport für Laien so leicht zu verstehen. Schon wieder schießt ein Schütze; schon wieder verzieht er keine Mine. Dass er irgendwas getroffen hat, scheint ihn nicht zu interessieren. Wir erfahren immerhin mit zwei Sekunden Verzögerung, wo genau er getroffen hat. Was die Punkte bedeuten, verstehen wir nicht mal Ansatzweise. Herrlich. Auf einmal sehen wir, wie ein ukrainischer Top-Athlet seine „Rüstung“ ablegt. Da er -oh Wunder- keine Mine verzieht, wissen wir nicht, warum er dies tut. Erst später fällt uns auf, dass in diesem Wettbewerb nach jeweils zwei Schüssen ein Gewehrvirtuose aus dem Wettbewerb scheidet, bis es zum finalen Showdown zwischen den letzten beiden kommt. „Supergeil!“, würde Friedrich Liechtenstein dazu sagen.

Ergebnis: Irgendwann ist das Tageshighlight auch vorbei. Wir wischen uns den Schlaf aus den Augen und gehen erst einmal um den Block, da das russische Fernsehen einfach nicht mit den Gewinnern rausrücken möchte. Später erfahren wir, dass der Italiener Niccolò Campriani in einem Krimi erster wurde und den olympischen Rekord für ein Finale eingestellt hat. WAHN-SINN. Sah leider nur nicht nach olympischen Rekord aus. Serhiy Kulish aus der Ukraine und Vladimir Maslennikov aus Russland folgen auf den Plätzen zwei und drei.

Und sonst so? Deutschland gewinnt im Hockey gegen Indien 2:1. 4 Sekunden vor Schluss fällt der entscheidende Treffer. Spannung gibt's wohl nur beim Schießen.

8 Aug 2016

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Lanzendörfer
Sören Haberlandt

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