taz.de -- Rechte Reaktionen auf München: Vorschnelle Antworten

Zur Tat in München war noch kaum etwas klar, da lief im Netz bereits die rechte Mobilisierung an. Auch ein CDU-Mann beteiligte sich.
Bild: Sendete einen umstrittenen Tweet zu München ab: AfD-Politiker André Poggenburg

BERLIN taz | Noch nichts war klar in München, da twitterte André Poggenburg am Freitagabend schon seine Bewertung in die Welt. „Einheitspartei Merkel: danke für den Terror in Deutschland und Europa“, schrieb der AfD-Chef von Sachsen-Anhalt. Der sächsische AfD-Landesverband sekundierte: „Der Terror ist wieder zurück! Wann macht Frau Merkel endlich die Grenze dicht!“

Über den Täter und seine Motivation war bis dahin noch nichts bekannt. Für die AfD aber war er bereits verortet: ein Flüchtling offenbar. Mehr noch: Als Schuldige an dem Angriff machen die Rechtspopulisten die Kanzlerin und ihre Flüchtlingspolitik aus. Und auch der AfD-Bundespressesprecher Christian Lüth verknüpfte einen Tweet über die Münchner Gewalttat mit dem Hinweis: „AfD wählen!“. Nach etlichen erbosten Reaktionen löschte er die Nachricht wieder.

Noch drastischer äußerte sich Jürgen Elsässer, Chefredakteur des Rechtsaußen-Magazins Compact. „Das Gebot der Stunde ist Wehrhaftigkeit“, schrieb er ebenso noch am Abend – ohne Kenntnis der genauen Sachlage in München. Alle „verantwortungsbewussten Kräfte“ im Land seien nun aufgerufen, die Grenzen „sofortig“ zu schließen: „Kein Moslem darf mehr rein oder raus.“ Flüchtlingszentren müssen „abgeriegelt“, Moscheen geschlossen werden. „Wir sind im Krieg“, verstieg sich Elsässer, „und es geht um Landesverteidigung“.

Die Entgleisungen kamen aber nicht nur aus dem ganz weit rechten Spektrum. Auch ein CDU-Mann beteiligte sich. „Das ist der Wendepunkt“, schrieb Maximilian Krah, Mitglied im Dresdner Kreisvorstand, auf Twitter über die Tat in München. „Die Willkommenskultur ist tödlich.“ Auch für Krah war da die Münchner Gewalttat längst mit der Flüchtlingspolitik verknüpft – noch bevor ein Täter ausgemacht werden konnte.

Der Grünen-Politiker Volker Beck nannte die Beiträge „widerwärtig“. Auch die Linken-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau übte scharfe Kritik: „Wahlkampf auf Kosten der Opfer verbietet sich“.

23 Jul 2016

AUTOREN

Konrad Litschko

TAGS

München
Amoklauf
Schüsse
München
Amoklauf
Schwerpunkt Rassismus
München
München
München
München
München

ARTIKEL ZUM THEMA

Münchener Polizei nach dem Amoklauf: Viel Lob – warum eigentlich?

Die Polizei in München wurde nach dem Amoklauf mit Lob überhäuft: Sie habe einen ganz tollen Job gemacht. Aber was spricht dafür?

Amokläufer als popkulturelle Figuren: Identität Rambo

Jugendliche Täter, wie der von München, sind fasziniert vom Typ des männlichen Einzelkämpfers. Dieses Schema ist auch in der Popkultur präsent.

AfD und der Messerangriff in Reutlingen: Erst war's der Prakti, dann ein Fake

Ein Twitter-Account verbreitet im Namen der AfD Reutlingen grenzwertige Nachrichten. Die Partei redet sich auf Facebook raus. Und legt nach.

Ausnahmezustand in München: Drinnen mit der Angst

Öffentliche Plätze meiden, sagt die Polizei. Ich sitze in einer Bibliothek. Fest. Alles ist in Aufruhr und doch still. Ein Bericht aus München.

Schüsse in München: Der mutmaßliche Täter ist tot

Ein 18-Jähriger erschießt in München neun Menschen und bringt sich später selbst um. Die Polizei gibt nun Entwarnung. Doch viele Fragen bleiben offen.

Nach der Schießerei in München: Eine Stadt unter Schock

Nach den tödlichen Schüssen befindet sich die bayerische Hauptstadt im Ausnahmezustand. Die Stadt wird abgeriegelt.

Schießerei in München: Was wir wissen und was nicht

Nach der Schießerei in München ist sehr vieles noch unklar. Zu Tätern und Hintergründen weiß man noch nichts Konkretes. Einiges ist aber bekannt. (Stand: 3.00 Uhr)

Schüsse in München: Polizei gibt Entwarnung

In einem Münchner Einkaufszentrum fallen Schüsse. Der mutmaßliche Täter, ein 18-jähriger Deutsch-Iraner, ist tot, laut Polizeiangaben hat er Selbstmord begangen.