taz.de -- Öko-Caravan: Urnachhaltig und ganz arg leiwand

Eine österreichische Firma fertigt einen „autarken Wohnwagon“ mit Solar- und Grünkläranlage. Darin kann man jetzt probewohnen.
Bild: „Wohnwagon Fanni“ am Fuße des Schneebergs in Niederösterreich

Berlin taz | Ein Hotelzimmer im Grünen, nordisches Design und morgens Slow-Food-Kaffee aus der stromlosen Espressomaschine. So sieht es im autarken „Wohnwagon Fanni“ seit Juli am Fuße des Schneebergs in Niederösterreich aus. Die Nachfrage ist hoch, bis September ist der Wagon ausgebucht. Im Winter dient er den Alpinisten: Dann wird das mobile Hotelzimmer in das Skigebiet Turracher Höhe gezogen.

Fanni ist eine Art Vehikel, um Christian Frantals Idee vom autarken, natürlichen Wohnwagen besser zu promoten. Eigentlich will der Mittvierziger diese nämlich verkaufen: Wohnwagen, die „leiwand“, also cool, „nachhaltig und mobil“ sind.

Mit der Firmengründung im März 2013 startete Frantals eine Crowdfunding-Kampagne, die 70.000 Euro für einen ersten Prototypen einbrachte. Bewusst ging der Gründer nicht zur Bank, das Geld sollte von „Menschen, die an die Idee glauben“, kommen. Jetzt hat er immerhin schon zwölf Wohnwagen abgesetzt.

Das Hotelzimmer ist zum Probewohnen da, eine komplett autarke Version, ausgestattet mit Biotoilette, Grünklär- und Inselsolaranlage. „Wir wollen schließlich die Autarkie erlebbar machen“, sagt Christoph Raz vom Wohnwagon-Team. „Dabei soll beantwortet werden: Wie viel Strom, wie viel Wasser brauche ich wirklich? Wie viel brauche ich, um gut zu leben?“

Ein Anzeiger informiert darüber, wie hoch der Verbrauch ist und wann die Vorräte zur Neige gehen. Wer mit der gespeicherten Energie und den Wasservorräten nicht auskommt, kann auf das öffentliche Strom- und Wassernetz zurückgreifen.

Der Wohnwagon ist variabel: Eine Variante zum Selbstzusammenbasteln startet bei 45.000 Euro, bei voller Autarkie und kompletter Einrichtung pendeln die Preise Richtung 100.000 Euro. Die Projektsumme wird zu Beginn geklärt, dann folgt eine Anzahlung von 12.000 Euro. Die nächsten Teilzahlungen werden je nach den einzelnen Bauabschnitten abgestottert.

Sumpfpflanzen reinigen das Wasser

Über Autarkieniveau, Inneneinrichtung und Größe entscheiden die KundInnen. Die kleinste Variante ist 15 Quadratmeter groß, die größte – mit Erker – misst 32 Quadratmeter. „Seminarraum, Yoga-Studio oder Waldkindergarten“, für das Team sind viele Möglichkeiten vorstellbar. Einen Gastronomie-Wagen gibt es sogar schon.

Die autarken Versionen beinhalten entweder eine Solaranlage für den Sommer oder die voll autarke Anlage für die Ganzjahresnutzung. Außerdem ist ein Wasserkreislaufsystem mit Grünkläranlage auf dem Dach im Angebot. Spezielle Sumpfpflanzen reinigen das benutzte Wasser zur Wiederverwendung. Im Winter sorgt eine Holz-Solar-Heizung oder eine Elektroheizung für Wärme.

Produziert wird möglichst regional und ressourcenschonend. Verarbeitet werden österreichische Schafwolle, Lehmputz und Lärchenholz. Am Ende soll ein qualitativ hochwertiges und langlebiges Produkt herauskommen. Jedes Modell wird individuell und von Hand gefertigt. Wer seinen Wohnwagon während der Fertigung besuchen möchte, kann in die Werkstatt im niederösterreichischen Pernitz kommen und auch mal mitschrauben. Damit es besser hält.

20 Aug 2016

AUTOREN

Clara Heinrich

TAGS

Urlaub
Camping
Paddeln
Zelten
Konsum

ARTIKEL ZUM THEMA

Wildwasser-Urlaub in Schweden: Bedrohlich weiße Wellenkämme

Mit dem Kanu durch den wilden Norden. Eine Tour auf dem unberechenbaren Fluss Harkan. Ein Trip in die Einsamkeit.

Luxus-Camping: Bequemlichkeit ist Trumpf

Nicht nur der Campingplatz im Chianti will eine neue Zielgruppe erschließen: Campingfreunde mit Hang zum Luxus finden immer mehr Orte.

Fachgeschäft für Weltreisende in Berlin: „Die Gespräche werden mir fehlen“

Vor 40 Jahren reisten Bettina Stauch und Georg Bannat mit einem VW-Bus durch Afrika. Dann gründeten sie Berlins erstes Geschäft für Globetrotterbedarf. Nun ist der Laden dicht.