taz.de -- Arbeitsmarktreform in Frankreich: Angst vor der Abstimmung
Mit einem neuen Gesetz weicht die Regierung den Arbeitnehmerschutz auf. Die Reform boxt sie mit einer Sonderregel ohne Abstimmung durchs Parlament.
Paris ap | Trotz Protesten von rechten und linken Abgeordneten hat die französische Regierung ihre umstrittene Arbeitsmarktreform auch in der zweiten Lesung ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung geboxt. Wie bereits bei der ersten Lesung im Mai nutzte Premierminister Manuel Valls am Dienstag wieder eine spezielle Verfassungsklausel. Durch diese gilt eine Vorlage als angenommen, sofern kein Misstrauensantrag gestellt wird und auch durchgeht.
Abgeordnete – auch aus dem linken Flügel von Valls sozialistischer Partei – verließen verärgert den Saal. Der Premier hingegen erklärte, er habe im allgemeinen Interesse gehandelt. Angesichts des Widerstands auch unter Sozialisten wäre er mit einer regulären Abstimmung möglicherweise gescheitert.
Der Streit über die Arbeitsmarktreform beherrscht die französische Politik seit Monaten. Die Regierung argumentiert, sie wolle mit der Reform die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Um das zu erreichen, sollen unter anderem der Kündigungsschutz und die Begrenzung der Arbeitszeit gelockert werden. Kritiker monieren, die Maßnahmen brächten keine neuen Stellen und weichten nur den hart erkämpften Arbeitnehmerschutz auf.
In den vergangenen Monaten kam es zu einer ganzen Reihe von Streiks und Protestmärschen. Auch am Dienstag fand parallel zur Debatte in der Nationalversammlung eine Kundgebung statt.
Die Vorlage geht nun wieder an den von den Konservativen kontrollierten Senat, bevor sie zur dritten und letzten Lesung an die Nationalversammlung weitergeleitet wird.
5 Jul 2016
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