taz.de -- EMtaz: Les Mannschaften im Duell: Der Erbfreund

Deutschland gegen Frankreich: Was auch passiert, wir haben uns lieb und freuen uns sowieso. Also macht euch locker.
Bild: Grüße gehen in die ehemaligen überrheinischen Besitzungen: Didier Deschamps, Frankreichs Trainer und Weltmeister

La Mannschaft: Warum nicht gleich? Warum erst jetzt und trotzdem noch nicht hundert Prozent am Ball? Warum hat es so lange gedauert, bis La France warm wurde mit ihren endlich losgelöst spielenden Mannen? Jetzt, so kurz vor dem deutsch-französischen Kitzelmatch, leistet sich so mancher unserer 21-Uhr-Gegner ein Späßchen, spricht schlicht und frech von La Mannschaft – und meint doch die Équipe Deschamps.

Didier Deschamp überlegt noch, wie Payet und Co. die angeschlagenen, doch toujours verteidigenden Deutschen bloß schlagen: ohne nervenzersägende Verlängerung, s.v.p., und ohne gefühlte siebenunddreißig Elfmeter wie beim deutsch-italienischen Nachspiel. Also, warum jetzt immer noch nicht so richtig Begeisterung in Frankreisch?

Wo wir doch, abgesehen davon, dass wir lieber ein Finale F – D geguckt hätten, weil, dann wäre es nicht so bitter, nicht so l’amertume, wenn La France verlieren würde, also abgesehen davon, voll und ganz bei unseren Schwestern und Brüdern sind.

Geht es für Jogi Löw und die Seinen heute Abend nicht in die Hose des Trainers, sondern in alle Hosen, dann stehen wir selbstverständlich Frankreich im Endspiel bei, unserem Erbfreund, der schon sehr lange nicht mehr unser Erzrivale ist, und das ist auch gut so, und an dieser Stelle ist jetzt Schluss mit Küchen- beziehungsweise Mannschaftspsychologie.

Viele Franzosen werden auf dem Campingplatz gucken

Und technisch wäre es ja überhaupt nicht möglich gewesen, das mit dem F – D-Finale. Warum also nicht gleich, liebe Freundinnnen und Freunde auf der anderen Flussseite?

Okay, das mit dem ewig besungenen deutschen Sommermärchen von 2006, das wäre vielleicht zu viel verlangt gewesen bezüglich der Nachahmung. Denn zumindest in der oberen Hälfte eures Landes spielte, nein, sagen wir mal schlicht, das Wetter war im Turnierverlauf bis jetzt oft nicht optimal.

Dass just zur Weltmeisterschaft in Deutschland damals meteorologisch alles und landesweit fast immer auf der Sonnenseite stand, das war sicherlich entgrenzender, bis die Peinlichkeit berührender Euphorie nicht abträglich.



Packt ihr Franzfrauen und -männer bei den letzten K.o.-Spielen nun endlich die Fernseher auf jeden Bürgersteig? Nein – und wenn dann wohl eher wegen der Tour de France als wegen der Fußball-EM. Und außerdem habt ihr auch Rugby sehr, sehr lieb und viele, viele von euch sind schon mal in die Ferien gefahren und werden sich das Spiel heute Abend irgendwo in Frankreich auf ihrem Lieblingscampingplatz oder im Urlaubsappartement angucken, aber bestimmt nicht auf den Champs-Élysées und mit der diffusen Angst vor Terror im Herzen.



Letztere, gepaart mit der chronischen Unterschätzung der zur Vorrunde angereisten Hooligans durch die gestresste französische Polizei, waren sicherlich ebenso wenig Bonuspunkte für eine lässige, dem Siedepunkt entgegenkickende europäische Meisterschaft.

Was das jetzt alles für heute Abend 21 Uhr heißt? Macht euch locker Les Mannschaften – eine wird gewinnen.

Darauf und auf den Erbfreund: einen DUJARDIN!

7 Jul 2016

AUTOREN

Harriet Wolff

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