taz.de -- Polizeichef zu Attacken auf Flüchtlinge: „Gewalt wird zunehmen“
Die derzeitigen Übergriffe auf Asylsuchende seien wenig entfernt von Hoyerswerda, Mölln und Solingen, sagt der Leipziger Polizeipräsident.
Dresden dpa | Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz erwartet eine Zunahme der Gewalt gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte in Sachsen. In der Bevölkerung seien fremdenfeindliche Einstellungen gewachsen, sagte Merbitz, der auch Chef des für Extremismus zuständigen Operativen Abwehrzentrums ist, am Donnerstag bei einer Anhörung des Innenausschusses des Landtags zu rechter Hetze und Gewalt.
Erneut sprach er von einer Pogromstimmung. Es sei deshalb davon auszugehen, „dass der Gewaltgehalt der Übergriffe sowohl auf Unterkünfte als auch auf Asylsuchende direkt zunehmen kann und auch zunehmen wird“.
Rechte und rassistische Übergriffe wie in Dresden, Heidenau oder zuletzt in Clausnitz seien „nur wenige Schritte entfernt von Rostock, Hoyerswerda, Mölln und Solingen in den 90er Jahren“, sagte Merbitz. Damals hatte es bei Brandanschlägen auch Tote gegeben.
Der Leipziger Politikwissenschaftler Robert Feustel machte eine „neue völkische Bewegung“ für die Zunahme der Gewalt verantwortlich. Diese verurteile pauschal Menschengruppen und stempele sie zu Sündenböcken. „Alle Flüchtlinge gelten pauschal als schuldig, einfach weil sie hier sind.“
Man dürfe deshalb die sogenannten „besorgten Bürger“ nicht ohne weiteres von Rechtsradikalen abgrenzen. „Das eine durch den Verweis auf das andere zu verharmlosen, heißt, gleichzeitig antidemokratische und fremdenfeindliche Einstellungen zu hofieren.“
3 Mar 2016
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Wie geht es den Flüchtlingen in Clausnitz? In dem Erzgebirgsort hatte vor sechs Monaten ein Mob gegen Flüchtlinge gehetzt.
Wegen der angespannten Sicherheitslage in einem Rostocker Stadtteil soll es keine Flüchtlingseinrichtung geben. Zuvor hatte es dort Proteste gegeben.
Sachsen reagiert auf ausländerfeindliche Übergriffe. Deshalb setzt die Landesregierung den geplanten Personalabbau von Polizei und Justiz aus.
Die Zahl rechtsmotivierter Gewalttaten in Sachsen ist stark angestiegen. Ministerpräsident Tillich sagt, man habe die Dimension des Rechtsextremismus unterschätzt.
Zunächst hieß es, es werde auch gegen Asylsuchende aus dem angegriffenen Bus ermittelt. Davon ist jetzt keine Rede mehr.
Sachsens Ministerpräsident sieht in Sachsen Probleme mit Rechtsextremismus. Der Ruf des Landes leide. Den Zuzug von Flüchtlingen will er begrenzen.
Woher kommt die Angst vor „großen Veränderungen“? Einst kamen Millionen Russlanddeutsche. Größer ist die jetzige Flüchtlingswelle auch nicht.
Sachsen ist die Heimat des sogenannten Extremismusmodells. Auf Basis der Theorie leugnen Behörden gesellschaftlichen Rassismus.