taz.de -- Kommentar Ausbau von Ökostrom: Kurzsichtige Deckelfans
Auch künftig wird mehr Energie verbraucht. Deshalb gibt es keinen Anlass, den Ausbau der Erneuerbaren jetzt zu stoppen.
Eigentlich könnte man meinen, dass die Schlachten um die Energiewende der Vergangenheit angehören: Klimaschutz ist weltweites Staatsziel, der Atomausstieg wird von niemandem infrage gestellt, und Wind und Sonne sind mittlerweile die billigsten Energiequellen.
Doch die Vertreter der alten Energiewelt geben noch nicht auf: Führende Wirtschaftspolitiker der Union wollen bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes den Ökostromausbau in den nächsten Jahren weitgehend stoppen – mit dem Argument, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele würden sonst übertroffen. Das ist doppelt absurd.
Zum einen war der dort beschlossene Deckel für die Erneuerbaren schon damals heftig umstritten. Nach Paris sind sie eindeutig überholt. Schon um das verbindliche 2-Grad-Ziel zu erreichen, muss Deutschland weit mehr tun als bisher vorgesehen, von den radikalen Maßnahmen, die für das angestrebte 1,5-Grad-Ziel nötig wären, ganz zu schweigen.
Doch selbst wenn man den Koalitionsvertrag für unantastbar halten sollte, gibt es keinen Anlass, den Ausbau der Erneuerbaren jetzt zu stoppen. Denn mit einem Ökostrom-Anteil von 40 bis 45 Prozent im Jahr 2025 haben Union und SPD kein absolutes Ziel festgelegt, sondern ein prozentuales. Das ist wichtig, denn alle Szenarien für ein klimafreundliches Deutschland gehen davon aus, dass künftig mehr Strom gebraucht wird als heute. Denn auch zum Autofahren und Heizen wird überschüssiger Wind- und Sonnenstrom genutzt werden.
Um den geplanten Ökoanteil bei steigender Gesamtstrommenge zu erreichen, ist in den nächsten Jahren ein deutlich stärkerer Ausbau notwendig, als derzeit vorgesehen. Wer diesen ablehnt, denkt entweder sehr kurzfristig. Oder – und das ist beim Wirtschaftsflügel der Union wahrscheinlicher – er mag einfach nicht einsehen, dass die Schlacht um die Energiewende längst entschieden ist.
2 Mar 2016
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