taz.de -- Flüchtlinge im deutschen Arbeitsmarkt: Nahles gibt sich optimistisch
Eine Million Flüchtlinge wurden nun in diesem Jahr registriert. Arbeitsministerin Nahles will erreichen, dass Zehntausende von ihnen schon 2016 Arbeit haben.
Berlin/München dpa | Drei Wochen vor Jahresende ist die Zahl von einer Million Flüchtlinge in Deutschland offiziell erreicht. So viele Asylbewerber seien bis Dienstag im Erstaufnahme-System „Easy“ registriert und deutschlandweit verteilt worden, erklärte die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) in München. Allein im November seien es mehr als 200.000 neu registrierte Asylbewerber gewesen.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will offenbar bereits 2016 Zehntausende von ihnen am deutschen Arbeitsmarkt unterbringen. Das ergibt sich aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen, wie [1][die Süddeutsche Zeitung berichtet]. Demnach geht Nahles davon aus, dass im nächsten Jahr 35 Prozent der Schutzsuchenden, die dann erstmals Hartz IV bekommen, den Sprung aus der staatlichen Grundsicherung schaffen und folglich einen Job finden oder in irgendeiner Form selbst für sich sorgen können. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte unterdessen vor überzogenen Erwartungen bei der Integration der Flüchtlinge.
Anerkannte Asylbewerber haben ein Recht auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV), wenn sie als Erwerbsfähige keinen Job haben. Das Arbeitsministerium rechnet deshalb in einer Aufstellung für den Sozialausschuss des Bundestags mit 300.000 bis 350.000 Flüchtlingen mit Bleiberecht, die 2016 erstmals Hartz IV erhalten werden. Aufgrund ihrer begrenzten Qualifikation schätzt das Ministerium, dass 65 Prozent zunächst weiter die staatliche Hilfe benötigen.
Im Jahresdurchschnitt wird mit zusätzlich 272.000 Hartz-IV-Empfängern wegen der Flüchtlingskrise gerechnet. Knapp 200.000 von ihnen gelten als erwerbsfähig. Hinzu kommen gut 70.000 Nichterwerbsfähige, vor allem Kinder. Gemessen am Zugang von mindestens 300.000 wären somit mehrere Zehntausend Erwerbsfähige nicht länger auf Hartz IV angewiesen.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte der Frankfurter Rundschau, die meisten Flüchtlinge müssten erst die deutsche Sprache erlernen. „Und viele bringen nicht die Qualifikationen mit, die hier auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind“, sagte Weidmann. Die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt werde Zeit brauchen. „Nach der historischen Erfahrung dauert es über zehn Jahre, bis Zuwanderer eine ähnliche Beschäftigungsquote erreicht haben wie die einheimische Bevölkerung“, sagte der Bundesbank-Chef. Die Politik könne den Prozess aber beschleunigen.
9 Dec 2015
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