taz.de -- Sanierung des Tierparks: Tierpark-Chef will 93 Millionen
Direktor Andreas Knieriem will die marode Anlage bis 2030 überlebensfähig machen. Nächste Woche soll das auch die Haushaltspolitiker im Abgeordnetenhaus überzeugen.
Rund 93 Millionen Euro sollen dem landeseigenen Tierpark in Friedrichsfelde bis 2030 zu einem weit attraktiveren Angebot verhelfen und ihn grundsätzlich vor dem Verfall retten. Konkrete Pläne dafür hat am Dienstag Andreas Knieriem vorgestellt, seit einem Jahr Chef von Zoologischem Garten und Tierpark.
Für ihn ist die Langzeitinvestition, die mit der Senatsverwaltung für Finanzen abgestimmt sei, in dieser Höhe dringend: „Die Zukunft des Tierparks können Sie nicht mit 10 Millionen erhalten.“ Nächste Woche will Knieriem die Haushaltspolitiker im Abgeordnetenhaus von seiner Sicht überzeugen.
Wer viel will, muss erst mal darstellen, dass es so wie jetzt nicht weitergehen kann. Und das macht Knieriem an diesem Dienstagmorgen reichlich: Alles unter der Erde sei im Tierpark marode, der Energieverbrauch doppelt so hoch wie nötig. Und nicht nur das: „Wenn ich nicht baue, ist der Tierpark bald ganz marode“, sagt er, „das fällt uns einfach alles zusammen.“
Über die 1,2 Millionen Besucher des Jahres 2014 würden sich andere Zoos freuen – für den Tierpark mit seiner Größe und den daraus entstehenden Kosten sei das zu wenig: Eineinhalb bis zwei Millionen Gäste strebt Knieriem an.
Beispielhafte Zoos gibt‘s in Leipzig und Hannover
Als größte Problempunkte stellt er die weiten Wege in Europas weitläufigstem Tierpark und die teils unattraktiven Gehege dar. Knieriem will das Gelände nach Kontinenten gliedern, Tiergruppen zusammenfassen und mit einer neuen Bahn erlebbarer machen, sich von Zäunen verabschieden.
Nicht außen vor, sondern mittendrin ist der Besucher in seiner Vision. Dazu will Knieriem das Rad gar nicht neu erfinden – immer wieder verweist er auf Beispiele aus anderen, in jüngerer Zeit umgestalteten Zoos, wie in Leipzig oder in Hannover.
Der Großteil der Investitionen soll nicht in neue große Gebäude fließen, ausgenommen eine Vogelvoliere oder ein Amazonashaus für 8 Millionen. Nicht in den 93 Millionen drin ist die Idee einer Seilbahn auf einer Himalaja-Gebirgsnachbildung – die Bahn müsste ein Betreiber bezahlen. Die Gebirgslandschaft selbst soll aus geschätzten 100.000 Tonnen Bauschutt entstehen, die derzeit im Südosten des Tierparks lagern und nur aufwändig entsorgt werden könnten. Es wäre die zweite Seilbahn in Berlin – auch für die Internationale Gartenausstellung 2017 in Marzahn ist eine geplant.
Eindeutig wendet sich Knieriem gegen die Kritik, dass Zoo und Tierpark eine unzeitgemäße teure Doppelkonstruktion aus Zeiten der Berliner Teilung sei. Schon die Besucherzahlen würden dem widersprechen: „Wenn wir nur einen Zoo hätten, müssten wir jetzt der Politik vorschlagen, einen zweiten zu bauen.“
Drängende Gebäude- und Gehwegprobleme
Knieriem mag die Summe von 93 Millionen nicht kleinreden, von denen 49 Millionen in den nächsten sieben Jahren die dringendsten Gebäude- und Gehegeprobleme lösen sollen. Aber er erinnert daran, dass andere Städte ebenfalls viel Geld in die Sanierung ihrer Zoos steckten – und dass Berlin ein Bundesland mit einem 23-Milliarden-Haushalt pro Jahr ist.
Zwei Stunden nach Knieriems Präsentation wird passenderweise in einem anderen Zusammenhang die Senatsverwaltung für Wissenschaft verkünden, dass man im vergangenen und diesem Jahr durch bessere Kooperation der landeseigenen Krankenhausbetriebe Charité und Vivantes voraussichtlich 93 Millionen einspart – genau die Summe, die Knieriem vorschwebt.
Die von SPD-Fraktionschef Raed Saleh vergangenes Jahr aufgebrachte Idee eines Schwimmbads im oder am Tierpark lehnt Knieriem nicht ab – es sei aber nicht seine Baustelle: „Wir planen einen Tierpark, ich kann kein Bad planen. Wir könnten das auch nie betreiben.“
2 Jun 2015
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