taz.de -- Solarenergie in Berlin: Die Sonne scheint vergeblich
Umweltsenatorin Katrin Lompscher verabschiedet sich vom Ziel, die Hälfte aller geeigneten Dächer mit Solaranlagen auszustatten. Weil die Solardachbörse nicht läuft, soll es ein neuer Partner richten
Es hörte sich so gut an. Im Dezember beschloss das Abgeordnetenhaus, dass mehr Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden installiert werden sollen. "Ziel ist es, dass in drei Jahren mindestens die Hälfte aller geeigneten Dächer mit Fotovoltaikanlagen ausgestattet ist", heißt es in dem von SPD- und Linksfraktion verfassten Papier. Nun hat die Umweltsenatorin den ersten Zwischenbericht vorgelegt, in dem deutlich wird: Katrin Lompscher (Linke) verabschiedet sich bereits jetzt von der Vorgabe des Abgeordnetenhauses. In der Marktwirtschaft könne nicht festgelegt werden, dass eine bestimmte Anzahl von Dächern Fotovoltaikanlagen bekommen solle, schreibt sie. "Das Ziel des Beschlusses ist deswegen unrealistisch."
Dahinter steht das schlechte Abschneiden der Solardachbörse, eine vom Senat geschaffene Internetplattform für die Dächer öffentlicher Gebäude. Die Börse gibt es seit 2002. 129 Dächer waren nach Angaben der Umweltverwaltung bereits im Angebot, doch erst 13 Solaranlagen wurden bis Ende 2006 tatsächlich installiert. "In Berlin ist die Nachfrage nach Dächern durch Investoren geringer als das Angebot", stellt Lompscher fest.
Daran trägt der Senat selbst die Schuld, meinen die Grünen. "Die Solardachbörse scheitert daran, dass Investoren nicht begleitet werden", kritisiert der energiepolitische Sprecher, Michael Schäfer. Interessenten würden von einem Amt zum nächsten geschickt.
Sebastian Preuß, Geschäftsführer der Firma "30° - Solar", kann das bestätigen. "Es gibt in Berlin für Solarprojekte leider keine zentrale Anlaufstelle", sagt er. Sein Unternehmen will auf 13 Schuldächern und dem Kreuzberger Rathaus in den nächsten Monaten Fotovoltaikanlagen installieren - der größte Erfolg der Solardachbörse bisher. Zwar habe sich die Senatsverwaltung bemüht, das Vorhaben zu unterstützen, sagt Preuß. Doch weisungsbefugt seien letztlich die Bezirke. Dort gebe es jeweils mehrere Ansprechpartner, die über die Planungen mitentscheiden könnten - vom Schulamt über das Hochbauamt bis zum Rechtsamt.
"Das Angebot an Dächern beruht auf der freiwilligen Beteiligung der Dienststellen", verteidigt sich die Umweltsenatorin in dem Zwischenbericht. Indirekt räumt sie aber ein, dass eine intensivere Betreuung von Investoren durch den Senat zurzeit gar nicht möglich wäre: In ihrer Verwaltung kümmere sich nur ein Mitarbeiter um die Solardachbörse, und er müsse sich gleichzeitig auch anderen Aufgaben widmen. Die personelle Ausstattung ist offenbar so schlecht, dass die Senatsverwaltung nicht einmal aktuelle Zahlen über die bereits installierten Anlagen vorweisen kann. Die letzten Daten sind anderthalb Jahre alt.
Um die öffentlichen Gebäude für Investoren attraktiver zu machen, fordern die Grünen den Senat auf, die Dächer mietfrei zur Verfügung zu stellen. Das lehnt Lompscher ab. Ihre Begründung: "Eine Mietfreiheit würde den Anreiz für die Dächeranbieter senken." Dass nicht das Angebot, sondern die Nachfrage das Problem ist, blendet sie an dieser Stelle aus.
Weil die Solardachbörse nicht gut läuft, setzt Lompscher nun auf einen neuen Partner: Die Umweltsenatorin will stärker mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) zusammenarbeiten, die zahlreiche öffentliche Gebäude des Landes Berlin verwaltet. Die BIM prüfe derzeit, ob ihre Objekte für Solaranlagen geeignet seien - nur gut erhaltene Dächer kommen in Frage, sie müssen die zusätzliche Last tragen können und dürfen nicht im Schatten liegen.
Die Umweltsenatorin baut offenbar darauf, dass die BIM mehr Ressourcen für Solarenergie zur Verfügung stellen wird als sie selbst. Ihre Sprecherin sagt: "Die BIM hat andere Möglichkeiten. Wir hoffen, dass wir auf diesem Weg mehr erreichen können."
18 Apr 2008
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