taz.de -- Immobilienstreit: Häuserkampf mit Neonazianwalt Rieger
Nächste Woche entscheidet ein Gericht, ob Neonazianwalt Rieger beim Verkauf von Immobilien aus dem Besitz seiner Ex-Firma weiterhin mitreden darf. Er will die Gebäude zu Nazizentren umbauen.
HAMBURG taz Der nächste Urteilsspruch ist entscheidend. In der kommenden Woche muss das Thüringer Oberlandesgericht bestimmen, ob der Neonazianwalt Jürgen Rieger als vormaliger Gesellschafter der "Wilhelm Tietjen Stiftung für Fertilisation Ltd." weiterhin seine Zustimmung bei Immobilenverkäufen aus dem Besitz der ehemaligen Firma geben muss. Bleibt diese Rechtsentscheidung in letzter Instanz, betont Nachtragsliquidator Görge Scheid, "kann Herr Rieger die Liquidation auf unbestimmte Zeit verhindern". Der frühere Rechterfolg gegen Rieger würde zur langfristigen Niederlage.
Vor über einem Jahr, im März 2007, hatte die thüringische Gemeinde Pößneck vor dem Amtsgericht Jena erwirkt, dass Rieger die Verfügung über die Immobilien der Firma entzogen wurde. Mitten im Ort hatte Rieger 2003 für 360.000 Euro das "Schützenhaus" erworben. Für die Firma kaufte er wenig später 2004, für 255.000 Euro, den "Heisenhof" am Ortsrand des niedersächsischen Dörverden. Beide Gebäudekomplexe wollte der Hamburger NPD-Landeschef zu Nazizentren ausbauen. Auf dem "Heisenhof"m mit vier Gebäuden, Atompunker und Schießanlage, hoffte er gar eine Fruchtbarkeitsforschung betreiben zu können. Sein Fehler: Der umtriebige Neonazi vergaß in London, wo die Firma eingetragen war, die nötigen Geschäftsbücher vorzulegen. Die britischen Behörden löschte sie daher aus dem Handelsregister. Besitzlos seien nun die Immobilien entschied das Amtsgericht auf Antrag der Gemeinde und setze einen Nachtragsliquidator ein.
Ohne Erfolg versuchte Rieger vor Gericht bis zur letzten Instanz selbst als Nachtragsliquidator eingesetzt zu werden. Erfolgreich konnte er aber Anfang April vor dem Landgericht Erfurt erwirken, dass ohne seine Zustimmung weder der "Heisenhof", noch das "Schützenhaus" veräußert werden darf. Nach dem GmbH-Gesetz, erklärte der Pressesprecher des Landgerichts Ulrich Drews, habe der Nachtragsliquidator das Weisungsrecht der Gesellschafter zu berücksichtigen. In zweiter Instanz folgte das Landgericht Erfurt der Entscheidung. Vor Gericht machte Rieger erneut glaubhaft, dass keine Gläubiger Forderungen gegen die aufgelöste Firma stellten. Das Gericht stellte so auch fest, ein Verkauf sei nicht notwendig. In Dörverden hat die Gemeinde indes schon ein Kaufinteresse an dem "Heisenhof" signalisiert. Nach den Entscheidungen liegen diese Überlegungen allerdings auf Eis.
Die Berufung begründet Nachtragsliquidator Scheid damit, dass diesen Entscheidungen der Veräußerungsbedingungen "alle bisherigen Entscheidungen des Registergerichts und des Thüringischen Oberlandesgericht in der Sache konterkariertu201c würden. Ein Nachtragsliquidator, sagt Scheid, kann so nicht mehr seine vom Gericht "gesetzte Aufgabe, die Liquidation der Gesellschaft" ausführen. Sollte das Oberlandgericht in Jena für Scheid entscheiden, muss Rieger nicht ganz so lang verstimmt sein. Der Pressesprecher des Landgerichts, Drews, betont, Rieger könnte nach einem Verkauf als alleiniger Gesellschafter das Liquidationsguthaben zufallen. Riegers Bemühungen mit seiner schon 2006 neu gegründeten Firma "Wilhelm Tietjen Stiftung Ltd." gleich die Nachfolge der alten Firma anzutreten, betont Scheid, sei bisher noch nicht "Gegenstand dieses Verfahrens".
30 Apr 2008
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