taz.de -- Passauer Kabarettgründer nach Attentat: "Die Rechten haben Nester gebaut"

Der Passauer Kabarettgründer Walter Landshuter spricht nach dem Attentat auf den Polizeichef über die Rechten in der Region und die Angst vor dem braunen Geruch.
Bild: Wunderschön, aber mit braunen Flecken: Panoramablick auf Passau.

taz: Herr Landshuter, ist Passau ein finsterer Ort?

Walter Landshuter: Nein, keineswegs. Passau ist wunderschön, ich lebe gerne hier, seit meiner Kindheit. Mit den Menschen hier muss man sich vielleicht ein wenig engagieren, weil der niederbayerische Schlag ein bisschen verhalten ist.

Warum ist die rechte Szene in Ihrer Region so selbstbewusst?

In Passau ist sie so selbstbewusst wie in anderen deutschen Städten auch. Bei uns gibt es seit vielen Jahren eine sehr lebendige Szene gegen rechts. Dazu gehören die Kabarettisten aus dem Scharfrichterhaus, das wir vor dreißig Jahren gegen die Dreieinigkeit einer Sechzig-Prozent-CSU, der katholischen Kirche und der schwarzen Monopolpresse gegründet haben. Zu unseren Aufgaben im Scharfrichterhaus gehörte es schnell auch, Werbung für Aktionen gegen rechts zu machen.

In der Passauer Nibelungenhalle berauschten sich DVU und NPD jahrelang auf Parteikundgebungen.

Passau hat die Nibelungenhalle vor vier Jahren abreißen lassen, damit DVU und NPD keinen Versammlungsort mehr haben. Das war jedenfalls mit ein Grund. Ich will die Politiker, gerade die konservativen nicht allzu sehr loben. Aber sie sind allesamt sehr aktiv gegen rechts.

Also alles wunderbar?

Nein. Was Passau ausmacht, ist, dass sich auf dem Land draußen, im Rottal und ein bisschen im Bayerischen Wald, die Rechten festgesetzt haben, die aus der Stadt vertrieben worden sind.

Weil es in der Stadt ungemütlich für sie geworden ist?

Man sieht es zum Beispiel an dem Polizeichef Mannichl, den die Rechten zum Feindbild erkoren haben. Das war vor zehn, fünfzehn Jahren anders. Da haben wir auf die Polizei geschimpft, dass sie immer die Rechten schützt. Aber es hat sich auch in Passau was geändert. Die Polizei ist massiv gegen die rechte Szene vorgegangen. Und ich vermute, dass sich die Rechten auf dem Land Nester gebaut haben und von da aus aktiv werden.

Wie reagieren die Passauer Bürger auf das Attentat gegen den Polizeichef Mannichl?

Was ich so mitkriege, sind alle ziemlich entsetzt. Aber ich sage dann: Leute, ihr habts doch schon immer gesehen, wenn vor der Nibelungenhalle die DVU und die NPD aufmarschiert ist. Die sind doch nicht alle aus Berlin und Hamburg angereist, die waren auch aus unserer Gegend. Das ist ziemlich zugedeckt worden. Vor kurzem gab es ja eine Beerdigung in der Nähe von Passau, wo man gesehen hat, wie lebendig die Szene ist. Da darf man sich keiner Illusion hingeben. Jetzt wachen sehr viele Passauer auf und sagen: "Aha."

Was raten Sie Ihren Mitbürgern nun?

Scheinbar gibt es eine Neigung, sich selber einzuschläfern. "Das ist alles in der DDR, das ist andernorts, wir haben so viel getan", sagen die Leut. Wir sollten das auf unserer Bühne im Scharfrichterhaus verarbeiten, Bruno Jonas, Sigi Zimmerschied und Gerhard Polt. Immerhin haben wir einen Oberbürgermeister, der hellwach ist. Den braucht man nicht aufzuwecken. Aber viele Politiker hängen gern den Mantel über das Problem - aus Angst, dass Passau einen braunen Geruch bekommen könnte.

INTERVIEW: GEORG LÖWISCH

16 Dec 2008

AUTOREN

Löwisch

TAGS

Bayern

ARTIKEL ZUM THEMA

Passauer Scharfrichterhaus: Niedergang des Kabaretts

Für die Stadt war es Schocktherapie, die Kleinkunstszene hat es wachgerüttelt. Aber was ist, wenn man spürt, dass man Geschichte geworden ist?

Attentat auf Passaus Polizeichef: Polizei lässt Verdächtige wieder frei

Nach dem Anschlag auf Alois Mannichl hat die Polizei zwei inhaftierte Männer wieder freigelassen. Bundesweit diskutieren Politiker erneut über ein NPD-Verbot.

Kommentar Passau-Attentat: Der Kampf um die Straße

Nach dem Attentat von Passau ein NPD-Verbot zu fordern, ist der falsche Weg. Denn damit schafft man rechte Gewalttäter nicht ab.