taz.de -- Heinz Ratz krault für den Artenschutz: "Mein moralischer Triathlon"

Heinz Ratz krault durch Flüsse, um Spenden für den Artenschutz zu sammeln. Er hat schon für Obdachlose gejoggt, gegen Faschismus will er radeln.
Bild: Typische Handbewegung für Heinz Ratz

taz: Herr Ratz, seit Mai schwimmen Sie sich vom Süden in den Norden durch deutsche Flüsse. Warum tun Sie sich das an?

Heinz Ratz: Ich versuche, auf die Zerstörung der Flüsse und der Flussauen aufmerksam zu machen. Wir gewöhnen uns daran, dass sie immer mehr zu reinen Industriestraßen verkommen. Ihr Anblick schockiert uns nicht mehr. Das sollte uns Angst machen.

Und wie wollen Sie dem entgegenwirken?

Normalerweise pflügen sich riesige Schiffsbuge durch die Wasserstraßen. Ihre Größe lässt uns die Zerbrechlichkeit des Flussorganismus und seiner Auen vergessen. Aber wenn ich als kleiner, verwundbarer Mensch durch die Flüsse schwimme, bekommen die Beobachter vielleicht wieder eine neues Gefühl für den Fluss und das Wasser.

Wie ist denn Ihr Gefühl?

Wenn ich in den Flüssen schwimme, dann ist das für mich eine extrem nahe Beziehung. Dadurch schaffe ich wieder den verloren gegangenen Bezug zwischen Mensch und Fluss. Es macht auch das ganze Projekt glaubwürdig. Es hilft mir, Spenden für den Artenschutz zu sammeln.

Was interessiert Sie so an Flüssen?

Für mich schließt sich hier ein Kreislauf. Schon als Kind habe ich Flussforscher gespielt und Flüsse bis zu ihren Quellen entdeckt. Mein Flussmarathon ist ja auch ein Teil meines "moralischen Triathlons". Letztes Jahr bin ich von Dortmund nach München gelaufen und habe Konzerte zugunsten von Obdachlosen gegeben. Jetzt schwimme ich.

Danach kommt das Radfahren?

Ja, richtig. Ich möchte gerne für ein Miteinander der Kulturen und Religionen, für eine gerechte Asylpolitik und gegen wachsenden Faschismus anradeln. Aber erst mal muss ich das Schwimmen durchstehen. Dann plane ich weiter.

Viele deutsche Flüsse sind stark verschmutzt, trotzdem steigen Sie in die braunen Fluten. Ekelt Sie das nicht?

Na ja. Manchmal. Aber ich will nicht aufgeben. Bisweilen muss ich mich überwinden, aber ich kann ja vor den Zuschauern nicht einfach sagen, dass mir der Fluss jetzt zu dreckig ist. Schließlich schwimme ich ja für saubere Flüsse. Wenn es die gäbe, müsste ich mir das auch nicht antun.

Sind Sie schon Mal während Ihrer Schwimmtour krank gewesen?

Mittelohrentzündung, Mandelentzündung, Fieber. Ich bin aber trotzdem weitergeschwommen. Nur beim Fieber habe ich pausiert.

Mit einer Mittelohrentzündung im kalten Flusswasser zu schwimmen muss doch höllisch wehtun?

Als ich all die Besucher am Ufer gesehen habe, wusste ich, dass ich trotzdem ins Wasser gehe. Die Schmerzen waren schon heftig, aber ich bin ein Grundoptimist in diesen Dingen. Da hat die Vernunft mal verloren.

Sie schwimmen 20 Kilometer am Tag und geben danach noch ein kostenloses Benefizkonzert mit Ihrer Band Strom und Wasser. Woher nehmen Sie Ihre Energie?

Wenn man tut, wovon man träumt, dann gibt das viel Kraft. Und letztendlich ist es gesünder, acht Stunden zu schwimmen, als acht Stunden auf der Autobahn zu fahren. Am Anfang habe ich echt die Zähne zusammenbeißen müssen. Alpenschmelzwasser in der Iller und im Inn. Der kalte Bodensee. Wenn die Flüsse aufgestaut sind und Gegenwind aufkommt, dann bin ich absolut ausgepowert. Aber als Musiker - und das mache ich eigentlich hauptberuflich - packt mich an jedem Konzertabend einfach wieder das Bühnenadrenalin. Und die Strapazen sind vergessen.

Denken Sie, Sie können etwas bewirken?

Ich bin kein Revolutionär. Ich trage keinen großen Namen. Das ist mir klar. Aber ich biete eine Idee an. Ich biete an, dass man sich gesellschaftlich einmischen kann. Und wer möchte, kann daran teilhaben, mich unterstützen und für die Artenschutzprojekte spenden, mitschwimmen oder mitpaddeln.

3 Aug 2009

AUTOREN

Ziegner

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