taz.de -- Hirntod von Parteivize Jürgen Rieger: NPD bangt um ihren Finanzier
Der Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger ist hirntot. Er gilt als maßgeblicher Finanzier der NPD. Sein Ableben könnte die Partei in eine bedrohliche Situation bringen.
Es ist ein schwerer Schlag für die rechtsextreme NPD: Der Neonazi-Anwalt und stellvertretende Bundesvorsitzende Jürgen Rieger liegt offenbar im Sterben. Er habe eine Blutung im Gehirn erlitten, die in der Nacht zum Sonntag zum Hirntod führte, erfuhr die taz am Mittwoch aus Parteikreisen. Damit verliert die Partei eine zentrale Figur. Der schwerreiche Rieger war ein wichtiger Geldgeber der NPD. Er hatte in der Vergangenheit mehrfach Immobilien aufgekauft, um dort Schulungszentren für Neonazis einzurichten.
Laut Experten könnte ein Ableben Riegers die Partei in eine bedrohliche Situation bringen. Denn seine Familie, das ist bekannt, teilt seine rechtsextreme Gesinnung nicht. "Wenn Rieger für den Fall seines Todes keine Vorkehrungen getroffen hat, könnte nicht bloß die NPD Finanzprobleme bekommen", sagte Rechtsextremismusexpertin und Journalistin Andrea Röpke. "Es besteht die Hoffnung, dass dann Gelder und Kredite für Riegers nationalsozialistische Projekte nicht weiter fließen."
Auch Sebastian Brux von der Amadeu Antonio Stiftung sagte: "Mit Rieger verliert der deutsche Rechtsextremismus ein finanzstarkes Scharnier zwischen Kameradschaften, NPD und der heidnisch-germanischen Szene." Rieger habe mit seinem Geld Nazistrukturen bis in die NPD hinein aufgebaut und erhalten. "Er konnte durch sein Vermögen ungehemmt Hass schüren", sagte Brux weiter.
In Internetforen wird bereits über den Tod Riegers spekuliert. NPD-Sprecher Klaus Beier bestätigte am Mittwoch nur: "Jürgen Rieger kämpft um sein Leben." Rieger sei am Samstag aus Schweden zu einer Parteivorstandssitzung nach Berlin gereist. Er habe zu Beginn der Sitzung einen Schlaganfall erlitten und sei von einem Parteifreund ins Krankenhaus gefahren worden. Am Samstagabend sei er in eine Spezialklinik überführt worden. Dem Vernehmen nach liegt Rieger derzeit im Vivantes Klinikum Neukölln - ein Haus mit einer großen Abteilung für Intensivmedizin. Eine Kliniksprecherin verwies gestern auf den Patientenschutz: "Zu einzelnen Patienten sagen wir nichts."
Was genau mit Riegers Erbe passiert und ob es tatsächlich der NPD in Zukunft fehlt, ist unklar. Die rechtsradikale Partei befindet sich jedenfalls in hellem Aufruhr. Uwe Schäfer ist Landeschef der Rechtsradikalen in Schleswig-Holstein und sitzt im Bundesvorstand. Er erwarte kaum, dass Rieger wieder aktiv werden könnte, sagte er. "Wir hoffen das, aber wir wissen es nicht."
Bei der rechtsextremen Internetseite Altermedia gingen binnen weniger Stunden zu einem Bericht über Riegers Zustand mehrere hundert Kommentare ein. Die allermeisten betonen Riegers wichtige Rolle für die rechtsextreme Szene. Ein langjähriger Aktivist der Neonazi-Szene etwa schreibt, dass man den Schaden durch Riegers Tod "heute noch gar nicht absehen und beurteilen" könne. Die Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten aus Jena bezeichnet Riegers Krankheit als "Schlag für die Bewegung" und betont: "Interessant dürfte jedoch die Verteilung seines Erbes werden."
In der Tat: Rieger hat in Sveneby in Schweden einen Gutshof mit rund 650 Hektar Land. Er besitzt mehrere Immobilien, außerdem half er der NPD immer wieder mit Zuschüssen aus seinem Privatvermögen. Auf seiner Homepage rechnet er etwa vor, dass er für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 2006 eine Rückzahlung von Finanzhilfen von 295.000 Euro nicht einforderte, einen Kredit von 150.000 Euro verlängerte und zusätzlich 75.000 Euro zuschoss. Auch bei der Landtagswahl in Hamburg 2004 gewährte er der Partei nach eigener Auskunft ein Darlehen von 120.000 Euro, 2007 in Niedersachsen will er mit 50.000 Euro geholfen haben.
Fielen solche Hilfen in Zukunft weg, würde dies die ohnehin in Finanznöten steckende NPD weiter schwächen. Wegen Fehlern im Rechenschaftsbericht 2007 hat die Bundestagsverwaltung der Partei im April dieses Jahres eine Strafe von 1,2 Millionen Euro auferlegt. Die NPD hat gegen diese Strafe geklagt, der Rechtsstreit läuft noch. Außerdem veruntreute ein ehemaliger Schatzmeister der Partei 870.000 Euro.
29 Oct 2009
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Er war Vizechef der NPD und kaufte von seinem Vermögen Immobilien, um sie der rechsextremen Szene als Schulungszentren zu überlassen. Am Donnerstag starb Jürgen Rieger in einem Berliner Krankenhaus.
Noch ist nicht sicher, ob der Neonazi Jürgen Rieger überleben wird. Doch so oder so muss die NPD einen herben Verlust hinnehmen, denn Rieger war ein wichtiger Finanzier.