taz.de -- Kommentar Griechische Krise: Und ewig klagt der Deutsche
Jammern lohnt sich: Jetzt beteiligen sich alle an der Rettungsaktion für Griechenland. Und am Ende werden erneut vor allem die ökonomischen Interessen Deutschlands bedient.
Jammern lohnt sich. Das zeigt sich nirgends besser als bei den Deutschen. Jetzt wird auf jedem Parteitag geklagt, wie ungerecht es sei, dass die soliden Bundesbürger die überschuldeten Griechen retten müssten, nur weil man gemeinsam im Euro steckt. Dieses deutsche Selbstmitleid erinnert an eine andere Etappe der europäischen Selbstfindung: Nirgends war die Osterweiterung so unpopulär wie in der Bundesrepublik. Auch damals meinte man, nur Geld zu verlieren.
Es kam bekanntlich anders: Ganz Europa zahlte für die Osterweiterung - und vor allem die Deutschen profitierten. Billig konnten sie ihren geschützten Exportmarkt bis an die Grenzen Russlands ausdehnen. Mit den Hilfen für Griechenland wird es ähnlich kommen. Alle beteiligen sich an der Rettungsaktion - und erneut werden vor allem die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands bedient.
Das beginnt schon damit, dass die beiden Pleitebanken Hypo Real Estate und Commerzbank zu den großen Gläubigern des griechischen Staates gehören. Sie wären sofort insolvent, wenn Athen den Bankrott anmelden würde - und müssten erneut mit deutschen Steuergeldern versorgt werden. Da ist es schon besser, wenn alle Eurostaaten und der IWF die Rettung Griechenlands organisieren.
Vor allem aber ist Griechenland nur der Vorposten. Würde es in die Pleite geschickt, müssten wohl als Nächstes auch Portugal und Spanien ihren Staatsbankrott anmelden - bevor dann noch weitere Kandidaten folgen. Letztlich würde dies bedeuten: In einem großen Crash würden die Bilanzen zwischen allen Staaten wieder auf null gesetzt. All die schönen Exportüberschüsse, die Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten aufgehäuft hat - sie wären weg. Jeder einzelne Sparer würde diese gigantische Geldvernichtung zu spüren bekommen.
Das gekonnte Jammern hat sich gelohnt: Alle zahlen, damit die Deutschen ihren Reichtum behalten. Billiger geht es nun wirklich nicht.
26 Apr 2010
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Wenn die Euro-Staaten schnell helfen, sei die Krise zu beherrschen, sagt der Ökonom Heiner Flassbeck, "dieses ganze Gerede vom Staatsbankrott ist kompletter und gefährlicher Blödsinn".
Schon neun europäische Staaten bekommen Hilfen vom Internationalen Währungsfond – und müssen dafür bluten. Griechenland ist das erste Euro-Land.
Finanzminister Schäuble will mit den Fraktionen über Griechenlandhilfe beraten. Er fordert "harte Sanierung". Griechen könnten 150 Milliarden brauchen.