taz.de -- Abschiebung nach Togo verhindert: Die Liebls dürfen bleiben
Im letzten Moment wendet die Berlin die Abschiebung von Ginette und Gergi Liebl nach Togo ab. Die Flugnummer stand schon fest. Jetzt hofft die Familie auf ein dauerhaftes Bleiberecht.
Ginette und Gergi Liebl dürfen nun doch in Deutschland bleiben. Kurzfristig übernimmt Berlin die Zuständigkeit für den Fall, der bisher in Bayern verhandelt wurde. Damit ist ein dauerhaftes Bleiberecht für die beiden wahrscheinlich. Ginette Liebl und ihr zehnjähriger Sohn Gergi sollten ursprünglich an diesem Donnerstag nach Togo abgeschoben werden.
Wie die taz (s. Kasten "Mehr zum Thema") berichtete, stand die Flugnummer nach Lomé, der Hauptstadt von Togo, bereits fest. Ginette Liebl hatte davon durch ihren Mann erfahren.
Gerson Liebl wurde im Februar 2009 abgeschoben, nachdem er 18 Jahre lang für seine deutsche Staatsangehörigkeit gekämpft hatte. Der Rechtsstreit war bis zum Bundesverfassungsgericht durchdekliniert worden und hatte durch seine ungewöhnliche Ursache bundesweit für Aufsehen gesorgt: Es fehlte ein Stempel aus kaiserlicher Zeit, der die Hochzeit zwischen Großvater Liebl und einer Togolesin nachweist.
Einen Tag vor der geplanten Abschiebung hat sich der Berliner Senat mit dem Ausländeramt im bayerischen Straubing in Verbindung gesetzt und in gegenseitigem Einverständnis die Zuständigkeit für den Fall Liebl übernommen. "Es ist ungewöhnlich, dass wir uns auf diese Weise einschalten", sagte der Berliner Staatssekretär für Inneres, Ulrich Freise, der taz. Manchmal müsse man aber die Sachlage sehen, nicht die Zuständigkeit. Zudem sei der Lebensmittelpunkt von Gergi und Ginette Liebl seit anderthalb Jahren in Berlin. Dass den beiden nun per Härtefallregelung ein dauerhaftes Bleiberecht verliehen wird, sei wahrscheinlich, so Freise weiter.
Ginette Liebl kann noch gar nicht fassen, dass das jahrelang währende Hin und Her nun endlich zu Ende ist. "Was die Berliner für mich getan haben, werde ich nie vergessen", sagte sie. Ihr Sohn Gergi, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, wird jetzt weiterhin mit seinen Freunden zur Schule in Berlin-Neukölln gehen.
Erleichterung zeigt sich auch bei den Berliner Politikern. In einem neuerlichen offenen Brief hatte sich eine Initiative aus Politik, Kirche und Vereinen für Ginette Liebl und ihren Sohn Gergi eingesetzt. "Es sieht alles sehr positiv aus", sagte der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne). Dafür sei er dem Innensenator sehr dankbar.
"Damit stehen die humanitären Gründe über die Zuständigkeiten", sagt Evrim Baba von der Linkspartei. Sie freue sich, dass Frau Liebl und ihr Sohn erst einmal hier bleiben dürfen.
Trotz aller Freude verweist der Berliner Grünen-Politiker Daniel Wesener darauf, dass Ginette und Gergi Liebl ein Ausnahmeverfahren erlebt haben. "Es ist doch gerade an diesem Fall augenscheinlich, dass man grundsätzlich eine neue Regelung der Kolonialgesetze anstreben muss", sagte Wesener. Letzten Endes bestünde keinerlei Rechtssicherheit für Menschen, die eine ähnliche Geschichte haben wie die Familie Liebl.
29 Apr 2010
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