taz.de -- Mitte Altona: Träumen ist erlaubt
Mit einem Bürgerforum beginnt die Planung für das Gelände nördlich des Bahnhofs Altona. Sozial und ökologisch stellen die Anwohner sich ihre Nachbarschaft vor.
Sozial und ökologisch und dennoch bezahlbar soll es werden, das neue Quartier nördlich des Bahnhofs Altona, und natürlich offen, freundlich, barrierefrei und transparent. Das sind die häufigsten Begriffe auf dem Bürgerforum zur Entwicklung des Stadtteils "Mitte Altona", zu dem die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) der grünen Senatorin Anja Hajduk geladen hat. Sie war zwar nicht anwesend, aber ihr Chef-Stadtplaner, Oberbaudirektor Jörn Walter, und der verspricht den Anwesenden, "dass Ihre Ideen und Anregungen wirklich Ernst genommen werden" bei den Planungen (siehe Kasten).
Gut 60 AnwohnerInnen sind gekommen in die Theodor-Haubach-Schule am Rande des Planungsgebietes am Sonnabendnachmittag. 120 hatten sich nach der ersten Informationsveranstaltung für das Bürgerforum angemeldet, aber das Wetter lässt manche neue Prioritäten setzen. Die aber, die gekommen sind, haben präzise Vorstellungen von ihrer neuen Nachbarschaft, und träumen ist erlaubt.
Eine große zentrale Grünanlage und viele kleine begrünte "Begegnungsplätze" werden allseits gewünscht, autofreies oder mindestens verkehrsberuhigtes Wohnen ebenfalls. Radlerfreundliche Grünachsen sollen das Quartier mit Altona und Diebsteich verbinden und in Ost-West-Richtung das Zusammenwachsen der durch die Bahnanlagen getrennten Stadtteile Ottensen und Altona-Nord fördern. "Aber nicht mit dunklen, engen und verpissten Tunneln, durch die sich keine Frau traut", stellt eine Teilnehmerin klar.
In sechs Workshops wird skizziert und debattiert, wie die neue Mitte von Altona aussehen sollte. Mit rund 75 Hektar ist die Fläche etwa halb so groß wie die Hafencity. Auf dem ersten Planungsabschnitt von 28 Hektar zwischen Holsten-Brauerei, Stresemannstraße und Bahngleisen könnten nach ersten Skizzen etwa 2.000 Wohnungen entstehen, rund 4.000 sollen es im ganzen Gebiet werden: Es ist eines der größten Städtebauprojekte Hamburgs.
Mindestens die Hälfte der Fläche soll für Wohnungsbau genutzt werden, schält sich als Ergebnis des Bürgerforums heraus, ein Drittel der Wohnungen gerne in öffentlicher Förderung und bitte keine Luxuslofts. Niedrigenergie- oder Passivhäuser sind gewünscht, Photovoltaik und Regenwassernutzung ist selbstverständlich.
Hochhäuser hingegen sind unerwünscht, fünf Geschosse sollen in der Regel die Obergrenze sein, in Einzelfällen dürfen es aber auch mal sieben oder acht Etagen werden. Gegen Büros, Kleingewerbe und Läden für die Nahversorgung hat niemand etwas, aber reine Bürotürme werden abgelehnt und ein Einkaufszentrum fordert niemand: "Dafür haben wir Mercado, Ottenser Hauptstraße und die Neue Große Bergstraße." Letztere mit oder ohne Ikea, aber dieses heikle Thema wird dann doch ausgespart, weil das Bauvorhaben außerhalb des Plangebietes liegt.
Jetzt muss nur noch die Deutsche Bahn das so genannte Gleisdreieck nördlich des Bahnhofs Altona frei machen. Seit Jahren verfolgt sie Pläne, den Fernbahnhof an den Diebsteich zu verlegen und die Autoverladung an die Elbgaustraße. Der Kopfbahnhof Altona würde dann nur noch von S-Bahnen und vielleicht den Regionalzügen nach Schleswig-Holstein angefahren werden. Den Zeitplan dafür gibt es schon, es fehlt einzig der formelle Beschluss des Bahnvorstandes.
"Wenn es soweit ist, wollen wir sofort loslegen können", heißt es aus der BSU. Und zwar zusammen mit den Anwohnern: Drei VertreterInnen des Bürgerforums sollen im Preisgericht mitwirken, das im November detaillierte Entwürfe für Altonas neue Mitte vorstellen soll.
6 Jun 2010
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