taz.de -- Streit der Woche: Sollen 16-Jährige wählen dürfen?
Vor 40 Jahren wurde das aktive Wahlrecht auf 18 Jahre gesenkt. Jetzt sei es höchste Zeit, Jugendliche wählen zu lassen, sagen die einen. Andere zweifeln an ihrer politschen Reife.
Am 18. Juni 1970 senkte der Bundestag die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht auf Bundesebene von 21 auf 18 Jahre. Die Diskussionen im Vorfeld waren kontrovers, die Befürchtungen groß: Noch nicht wahlreif und zu leicht beeinflußbar seien die jungen Erwachsenen, es drohte gar die Infantilisierung der Republik. „Sollen Teenager wählen?“, fragte sich damals etwa die Zeit und bezweifelte, dass „ein 18jähriger die Wahlreife besitzt“. Heute, 40 Jahre später, ist eine Rückkehr zur 21-Jahre-Regelung kein Thema mehr. Stattdessen wird nun das aktuelle Mindestalter immer öfter in Frage gestellt – und auch gekippt.
Bei Kommunalwahlen etwa dürfen 16-Jährige heute bereits in sieben Bundesländern an die Urne. Angefangen hat Niedersachsen im Jahr 1995, es folgten Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Bremen. Das besondere in Bremen: Hier dürfen die Jugendlichen im kommenden Frühjahr auch bei der Landtagswahl ihre Stimme abgeben. Und in Österreich dürfen 16-Jährige seit 2007 bei Nationalrats-, Präsidenten- und Europawahlen wählen.
Die Befürworter einer Wahlrechtsreform argumentieren, sie ermögliche mehr Partizipation, eine frühere Auseinandersetzung mit politischen Fragen und halten die Jugendlichen von heute für reifer als damals. Schließlich müssten die Jugendlichen morgen die Politik von heute ausbaden.
Kritiker stellen sich gegen diesen Trend: Sie weisen auf ein fehlendes Interesse von Jugendlichen an politischen Themen hin oder auf die Diskrepanz zwischen Volljährigkeit und Wahlrecht: Wieso sollte wählen dürfen, wer noch kein Auto fahren und keinen harten Alkohol trinken darf – in den Augen des Staates also als schutzbedürftig gilt
Was meinen Sie – sollen 16-Jährige wählen dürfen?
8 Jun 2010