taz.de -- Kommentar Frauenquote: Annäherung an die Wirklichkeit
Entschieden ist noch gar nichts. Doch wenn sich die Politik tatsächlich an die systematische Bekämpfung der männlichen Monokultur in den Vorstandsetagen macht, wäre das für alle gut.
Nichts ist entschieden. Bislang wollen Deutschlands Justizminister nur "prüfen", ob eine gesetzlich verankerte Frauenquote möglich wäre. Trotzdem birgt die Absichtserklärung zwei Neuigkeiten. Die eine lautet: Wir, die Minister, sind bereit, die Wirklichkeit zur Kenntnis zu nehmen. Der systematische Ausschluss von Frauen aus der Führungselite hat negative wirtschaftliche Folgen.
Das ist schon mal was. Von der Leyen hatte bislang jede gesetzliche Regelung abgelehnt, ebenso ihre Nachfolgerin im Frauenministerium. Die schwenkt nun um.
Die zweite positive Botschaft: Die Quote, dieses der Lila-Latzhosen-Bewegung zugeschlagene Instrument, wird von PolitikerInnen entdeckt, die über jeden Feminismusverdacht erhaben sind - und siehe da: Es gibt ein Totschlagsargument weniger gegen strukturelle Maßnahmen.
Dennoch sollte keine falsche Freude aufkommen, beschwichtigen die MinisterInnen. Man wolle im Sinne der Wirtschaft handeln, sprich: Es geht um Profitmaximierung, nicht um Gleichberechtigung als demokratische Pflicht. Seis drum. Gleichberechtigung ist nur über die Veränderung der Arbeitswelt zu erreichen.
Verhältnisse, die tatsächlich dazu führen, dass es egal ist, ob Mann oder Frau den Job machen, sind der Schlüssel zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft. Und genau an die Arbeitsstrukturen traut sich die Politik bislang nicht ran. Symbolpolitik klar, eine Kanzlerin, ein paar Ministerinnen, wenn es sich ergibt, prima. Aber niemals eine systematische Bekämpfung der männlichen Monokultur.
Durchmischung allein schafft keine bessere Welt. Aber wenn Topmanager aufhören müssten, zu glauben, Ähnlichkeit mit ihnen bedeute Qualifikation, dann wäre das eine narzisstische Kränkung, die das Demokratieverständnis in den oberen Etagen beleben könnte.
25 Jun 2010
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