taz.de -- Allergie-Forschung: Stallstaub schützt

Warum leiden Bauernkinder weitaus weniger unter Allergien als Stadtkinder? Ein Zuckermolekül aus Futterpflanzen soll schuld sein, glauben deutsche Forscher.
Bild: Spielen mit Futtermitteln: Kinder im "Heu-Hotel" im schleswig-holsteinischen Mörel.

Eine Forschergruppe will jetzt herausgefunden haben, warum Bauernkinder nur selten an Allergien oder Asthma leiden. Arabinogalaktan heißt der Wunderstoff, der Kinder unter anderem vor Heuschnupfen oder anderen allergischen Reaktionen schützen soll. Arabinogalaktan ist ein pflanzliches Zuckermolekül, das "in großen Mengen in Futterpflanzen wie dem Wiesenfuchsschwanz" vorkommt. Wird diese Substanz in größeren Mengen im ersten Lebensjahr eingeatmet, hindert sie das Immunsystem an "überschießenden Abwehrreaktionen", berichten die Forscher aus Bochum, München und Borstel in der aktuellen Ausgabe des Journal of Allergy and Clinical Immunology.

Dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufgewachsen sind, weitaus weniger unter Allergien zu leiden haben als Stadtkinder, ist schon seit einigen Jahren bekannt und hat eigentlich auch niemanden verwundert. Nur warum das so ist, blieb ein Rätsel. "Die Suche nach der schützenden Substanz war wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen", sagt Marcus Peters von der Experimentellen Pneumologie an der Bochumer Universität. Er und seine Kollegen konnten bei der Suche auf Staubproben zurückgreifen, die in Ställen in Deutschland, Österreich und der Schweiz eingesammelt wurden. Analysen zeigten, dass diese Proben hauptsächlich pflanzliche Substanzen enthielten. Auffällig war Arabinogalaktan. Der Anteil des Zuckermoleküls in den Proben machte teilweise bis zu 15 Prozent aus.

Die Forscher prüften die Wirkung dieser Subtanz auf das Immunsystem an Mäusen. Die Versuchstiere, denen die Forscher gleich nach der Geburt Arabinogalaktan verabreichten, zeigten später keine Immunreaktion, wenn sie einer hohen Dosis verschiedener Allergene ausgesetzt waren. Es habe sich gezeigt, dass die Zellen, "die den Immunzellen schädliche Eindringlinge präsentieren, so dass diese dagegen vorgehen, in Anwesenheit von Arabinogalaktan ihr Verhalten ändern", erklärt Peters. Die Immunreaktion werde dadurch "gedämpft". Die Abwehrreaktion von Krankheitserregern funktioniere aber weiterhin normal.

Geklärt werden muss jetzt nur noch, ob Arabinogalaktan auch bei Menschen die gleiche Wirkung hat. Sollte das der Fall sein, hoffen die Forscher damit eine Allergieprophylaxe für Kleinkinder entwickeln zu können.

22 Jul 2010

AUTOREN

Wolfgang Löhr

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