taz.de -- Kommentar Niederlande: In Wilders Würgegriff
Am Islam scheiden sich in den niederländischen Parteien die Geister, von der nun geplanten Minderheitenregierung profitiert vor allem die rechte PVV um Geert Wilders.
Was ist der Islam? Die Frage hat für die nähere Zukunft der Niederlande entscheidende Bedeutung. Weil sich die Christdemokraten und die Freiheitspartei (PVV) von Geert Wilders darüber nicht einig sind, ist eine Rechtskoalition mit der Wahlsiegerin VVD gescheitert. Die PVV nennt den Islam eine politische Ideologie. Für die Christdemokraten bleibt er eine Religion.
Da die drei Parteien darüber hinaus aber viele Gemeinsamkeiten haben, visieren sie nun das folgende Modell an: Die rechtsliberale VVD will mit den Christdemokraten eine Minderheitsregierung bilden. Die mehr als 20 Sitze, die ihr zu einer Parlamentsmehrheit fehlen, sollen mittels einer Tolerierung durch die PVV überbrückt werden. Im Gegenzug fordert diese Einfluss auf die Bereiche Immigration, Integration und Asyl. Abgeschlossen ist der Deal zwar noch nicht, aus progressiver wie aus sozialer Sicht sind die Aussichten dennoch beklemmend.
Was sich abzeichnet, ist die Verbindung des radikalen Sparwillens der Rechtsliberalen mit den strikten Law-and-order-Ideen und rigiden Konzepten bei Integration und Zuwanderung, mit denen Wilders Wahl für Wahl punktet. Wenn die künftigen Regierungsparteien sich von Letzteren distanzieren, geht es nur um symbolpolitische Punkte wie ein Koranverbot, das wenig realistisch ist. Das PVV-Kernprogramm aber, basierend auf strikter Migrationskontrolle und kultureller Dominanz, wird durch die Hintertür regierungsrelevant.
Am beunruhigendsten ist die Tatsache, dass eine solche Regierung von Wilders Gnaden sich in einem permanenten Würgegriff befände. Ihre Ideen umsetzen, ohne für sie Verantwortung übernehmen zu müssen - eine komfortablere Position kann sich die PVV nicht wünschen.
1 Aug 2010
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