taz.de -- Kommentar Rot-Roter Autobahnkompromiss: Ein bisschen Schwaben in Berlin

Mit der Entscheidung zur A 100 spielt die Linkspartei dem eigentlichen Mitbewerber in die Hände - den Grünen.
Bild: Sie haben keine Hosen an, aber wo kommen sie her? Berliner in der U-Bahn.

Wie gut, dass wir Stuttgart haben. Wer in diesen Wochen in die Schwabenmetropole schaut, blickt auf ein Lehrstück in Sachen undemokratischer Kultur von oben und gelebter Demokratie von unten. So jedenfalls sehen es die Berliner Linken - und haben flugs den Weiterbau der A 100 zum Wahlkampfthema gemacht. Pro SPD, CDU und FDP heißt nun pro Autobahn, Grüne und Linke sind dagegen. Hat die direkte Demokratie nun sogar den Wahltag erobert?

So sehr er sich auch aufdrängt: Beim Vergleich der A 100 mit dem Projekt Stuttgart 21 ist Vorsicht geboten. In Stuttgart hat eine Connection aus Politik, Wirtschaft und Bahn eine ganze Region in Geiselhaft genommen - die Abrechnung per Wahlzettel ist da nur konsequent. Die A 100 ist dagegen ein regionales Verkehrsprojekt, das vor allem in Treptow, Friedrichshain und Kreuzberg die Stamm- und WG-Küchentische beschäftigt. In Spandau und Pankow sind die Emotionen geringer. Dennoch hat die Linke nun eine Art vorgezogenen Baustopp verhängt.

Tatsächlich aber spielt die Linkspartei dem eigentlichen Mitbewerber in die Hände - den Grünen. Sollte es 2011 zum A 100-Wahlkampf kommen, wird die Zahl der taktischen Wähler steigen. Kaum zu glauben, dass sich bei einer Neuauflage von Rot-Rot der linke Juniorpartner gegen die A 100 und die SPD durchsetzen könnte. Ganz anders dagegen bei Grün-Rot. Da müsste die kleine SPD dem großen Partner Grüne entgegenkommen - und die A 100 begraben. Mit ihrem Veto macht die Linke direkte Wahlkampfhilfe für die Grünen.

So ist nicht nur das Thema direkte Demokratie einen Tick spannender geworden, sondern auch die Abgeordnetenhauswahl. Und die Einzige, die der A 100 noch eine Chance geben kann, heißt Renate Künast - wenn sie nicht antritt.

6 Oct 2010

AUTOREN

Uwe Rada

TAGS

Untersuchung

ARTIKEL ZUM THEMA

Woher kommen die Berliner?: Schwaben rein!

Angeblich ist ja halb Berlin aus Schwaben. Doch das stimmt gar nicht: Die meisten innerdeutschen Zuwanderer kommen aus Hamburg – und Sachsen.

Rot-roter Autobahnkompromiss: Wahl entscheidet über Bau der A100

Rot-Rot einigt sich auf einen Autobahnkompromiss. Die Planung darf weiter laufen. Über den Bau soll aber erst die nächste Landesregierung nach der Wahl 2011 entscheiden. Grüne fürchten schnellen Baubeginn.