taz.de -- Kommentar Flugrouten in Schönefeld: Information ist Pflicht der Politiker
Die Proteste gegen Stuttgart 21 haben auch die Berliner Politiker aufgeschreckt. Nun verspricht der rot-rote Senat mehr Transparenz.
Die Landespolitiker sind aufgeschreckt. Sie schauen nach Stuttgart und sehen, was passiert, wenn sich Bürger verschaukelt fühlen von denen, die sie einst gewählt haben. Und sie haben gemerkt, wie schnell sich auch hier das akademische Bürgertum organisieren kann: Innerhalb weniger Wochen bildeten sich im Süden Berlins mehr als ein Dutzend Initiativen gegen die geplanten Flugrouten. Nun hat der Senat Transparenz versprochen; betroffene Gemeindevertreter will er in die Lärmkommission holen.
Die protestierenden Kleinmachnower und ihr Umfeld haben damit ein erstes Ziel erreicht. Auch wenn die Lautstärke der Gutverdienenden manchem aufstößt: Betroffene haben ein Recht auf Information. Autolärm kann abgeschätzt werden, indem man sich an den Straßenrand stellt. Fluglärm ist abstrakter. Deswegen müssen die Anwohner in Schönefeld-Nähe verlässlich erfahren, wie hoch Flugzeuge fliegen sollen und wie laut sie sind. Diese Informationen brauchen sie früher als von der Flugsicherung versprochen: Die Bürger wenige Wochen vor Flughafeneröffnung darüber zu informieren, in welcher Höhe Flieger über ihren Kopf donnern, wäre eine Sauerei. Hier muss die Politik Druck machen - sie ist die Vertreterin ihrer Bevölkerung.
Was sie nicht darf, ist sich von der Lautstärke Einzelner beeindrucken lassen. Die Lebensqualität der Menschen direkt am Flughafen zählt genauso viel wie die von Hausbesitzern in wohlhabenden entfernteren Gegenden. Auch hier hilft Transparenz: Wer am lautesten schreit, kann am ehesten mit Fakten zum Schweigen gebracht werden.
8 Oct 2010