taz.de -- Debatte über Integration: FDP-Chef fragt nach Einwanderernutzen

Außenminister Westerwelle schaltet sich in die innenpolitische Diskussion über Einwanderer ein. Deutschland habe ein Recht zu fragen, welchen Beitrag Migranten leisten wollten, findet er.
Bild: Zuwanderung: Die Koalition wünscht vor allem Fachkräfte.

HAMBURG/BERLIN dapd/rtr/afp | FDP-Chef Guido Westerwelle fordert eine Debatte über den Nutzen von Einwanderern. "Wir haben als Staat ein wohlverstandenes nationales Interesse zu fragen, wen wir einladen wollen, in Deutschland zu leben", sagte er im "Hamburger Abendblatt" vom Freitag. "Und wir haben ein Recht zu fragen, welchen Beitrag Einwanderer leisten wollen, damit nicht nur sie, sondern das ganze Land einen Gewinn davon haben", führte der Außenminister weiter aus.

Es gebe Schwierigkeiten bei der Integration insgesamt, "die wir nicht leugnen dürfen". Andere Länder lieferten hingegen zahlreiche Beispiele gelungener Integration. "Dort arbeiten sich junge Menschen aus Zuwandererfamilien mit überragendem Fleiß nach oben. Wir müssen uns ernsthaft überlegen, warum andere Länder uns voraus sind", sagte der FDP-Chef.

Ähnlich äußerte sich der Junge-Union-Vorsitzende Philipp Mißfelder. "Wir brauchen positive Migration, die den Arbeitsmarkt stimuliert und nicht eine solche, die den Sozialstaat belastet", sagte er der "Rheinischen Post". "Die Bereitschaft ist erschöpft, weitere Zuwanderung in unsere Sozialsysteme hinzunehmen", betonte Mißfelder. Er unterstützte die Position von CSU-Chef Horst Seehofer, sagte Mißfelder dem Bayerischen Rundfunk. Mit seinen Äußerungen habe Seehofer vielen aus dem Herzen gesprochen. Mißfelder kritisierte, das politisch demokratische Spektrum habe sich in der Frage der Integration zu sehr zurückgehalten. "Wir dürfen solche Themen nicht anderen überlassen, denn die Hauptaufgabe auch der CSU ist es, dafür zu sorgen, dass rechts der Union keine Partei entsteht".

Seehofer hatte mit seiner Forderung für Empörung gesorgt, die Zuwanderung aus bestimmten Kulturkreisen wie dem türkischen oder arabischen zu begrenzen. Mißfelder sprach sich für ein Punktesystem für Zuwanderung aus wie beispielsweise in Kanada. Ein Kriterium für Zuwanderung könnten dabei Sprachkenntnisse, aber auch soziales Verhalten sein. Selbst der finanzielle Hintergrund müsse eine Rolle spielen. Sprachtests für Kinder vor der Einschulung forderte auch FDP-Chef Westerwelle. Ein Kind sollte ein zusätzliches Jahr die Vorschule besuchen, "wenn die Deutschkenntnisse nicht ausreichen, um dem Unterricht folgen zu können".

Indes wurden Pläne der schwarz-gelben Koalition bekannt, nach denen sie innerhalb des nächsten Jahres bis zu 500.000 Zuwanderern den Weg auf den Arbeitsmarkt für Fachkräfte ebnen will. Dazu werde für Migranten ein Rechtsanspruch auf Anerkennung von qualifizierten Bildungsabschlüssen eingeführt, zitierte die "Neue Osnabrücker Zeitung" in ihrer Freitagausgabe den FDP-Integrationsexperten Serkan Tören. Demnach sollten die Abschlüsse binnen sechs Monaten in Deutschland anerkannt werden. Betroffen seien davon insbesondere Berufe der Pflegebranche, Ingenieure, Techniker und Naturwissenschafter. Der Anspruch sei Teil eines Anerkennungsgesetzes, das zum Frühjahr 2011 in Kraft treten solle.

15 Oct 2010

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