taz.de -- Verdacht gegen UN-Blauhelme: Stammt Cholera in Haiti aus Nepal?

Laut einer US-Untersuchung sind die Erreger der Cholera in Haiti mit Stämmen aus Südasien identisch. Das lenkt den Verdacht auf nepalesische Soldaten.
Bild: Sie kamen um zu helfen: Basis der nepalischen UN-Soldaten.

SANTO DOMINGO taz | Nicht die unsäglichen sanitären Zustände seit dem Erdbeben im Januar sollen für den Ausbruch der Cholera-Epidemie in Haiti verantwortlich sein, sondern aus dem Ausland eingeschleppte Erreger. Dieser Verdacht drängt sich immer mehr auf.

Eine Untersuchung von Stuhl-, Blut- und Wasserproben durch das US-amerikanische Zentrum für Seuchenkontrolle (CDC) hat ergeben, dass die in Haiti aufgetauchten Cholera-Erreger mit Stämmen identisch sind, wie sie in Südasien vorkommen. In der letzten Woche hatten haitianische Medien berichtet, UN-Soldaten des nepalesischen Kontingents könnten die Krankheit nach Haiti mitgebracht haben. Die nepalesischen Soldaten waren erst vor Kurzem abgelöst worden.

Das nepalesische UN-Lager in Mirebalais, nordwestlich von Port-au-Prince gelegen, befindet sich in der Nähe eines Zuflusses des Artibonite-Flusses. Die Mehrzahl der Infizierten soll Wasser aus dem Artibonite benutzt haben. Bisher sind über 5.000 Menschen an Cholera erkrankt und über 330 Tote zu beklagen.

Das UN-Lager der nepalesischen Blauhelmsoldaten war erst im September mit einem geschlossenen Klärgrubenkreislauf ausgerüstet worden, heißt es in einer Erklärung der UN-Friedensmission (Minustah). Die Gruben würden nach internationalen Standards entsorgt. Auch Wasserproben hätten keine Kontaminierung ergeben.

Das Untersuchungsergebnis der US-Centers for Disease Control wiegt umso schwerer, als zusätzlich bekannt wurde, dass noch im Sommer in Nepal die Cholera grassierte. Einen tatsächlichen Beweis für die unmittelbare Verursachung durch nepalesische Blauhelmsoldaten gibt es aber nicht.

Die Sterberate der Erkrankten ist auf unter 10 Prozent gesunken. Allerdings habe die Ausbreitung der Cholera ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, warnte die Direktorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Claire Chaignat, in Genf. Andreas Fabricius, der Hospitalmanager des DRK, befürchtet, dass die Wassermassen des Tropensturms "Tomas", der sich in Richtung Haiti bewegt, die Latrinen zum Überlaufen bringen und die Infektionsgefahr noch verstärken könnte.

3 Nov 2010

AUTOREN

Hans-Ulrich Dillmann

ARTIKEL ZUM THEMA

Unruhen wegen Cholera auf Haiti: Der Feind trägt einen blauen Helm

Auf Haiti werfen Demonstranten Steine gegen Blauhelme. Die Soldaten werden beschuldigt, die Cholera eingeschleppt zu haben. Die Unruhen behindern den Kampf gegen die Krankheit.

Nach Ausbruch in Haiti: Cholera erreicht Florida

In den USA ist die erste Erkrankung mit der haitianischen Cholera bekannt geworden. Unterdessen flammt auf Haiti erneut der Protest gegen die erfolglose Bekämpfung auf.

Cholera geplagtes Haiti: Toter bei Demo gegen UN-Truppen

Mindestens einen Toten fordert die Gewalt bei einer Demo gegen die UN-Truppen in Haiti. Die Demonstranten vermuten Soldaten aus Nepal als Ursache für den Ausbruch der Cholera.

Deutschland erhöht Hilfsgelder: Cholera breitet sich in Haiti rasant aus

650 Tote, mehr als 7.000 Erkrankte und 10.000 Infizierte - Haiti bekommt den Cholera-Erreger nicht in den Griff. Auch die Hauptstadt ist betroffen.

Trinkwasser wird Luxusgut: Haiti in den Zeiten der Cholera

Sauberes Wasser ist für die meisten Menschen in Haiti unerschwinglich. Die Erdbebenopfer in Zeltstädten sind noch am besten dran.

Cholera-Epidemie nach dem Erdbeben: Fast 300 Seuchentote in Haiti

Trotz weiterer Todesfälle und Ausbreitungsgefahr ist die Grenze zu der Dominikanischen Republik wieder offen und die Wahlen Ende November sollen stattfinden.