taz.de -- Wahlkampf: Grüne sehen nicht mehr so schwarz

Nach dem Aus der Koalitions in Hamburg sinken die Chancen für Grün-Schwarz in Berlin. Die Wähler wollen lieber Rot-Grün.
Bild: Künast mit Bär. Der Grünen Spitzenkandidaten ist nun das Vorbild für eine mögliche Koalition mit der CDU verloren gegangen.

Nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition in Hamburg sinken auch die Chancen für eine solche Konstellation in Berlin. Zwar betonten Berliner Spitzenpolitiker beider Parteien am Sonntag übereinstimmend, dass das Bündnis an der Alster an lokalen Problemen gescheitert sei. Dennoch ging Volker Ratzmann, Fraktionvorsitzender der Grünen im Abgeordnetenhaus, auf Distanz zur CDU. Die personellen Probleme der Union in Hamburg hätten gezeigt, dass auch eine große Volkspartei kein Garant für Stabilität sei, so Ratzmann: "Das war kein positives Signal aus Hamburg".

Laut einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Forsa ist Schwarz-Grün auch bei den Wählern nicht beliebt. Demnach bevorzugt eine Mehrheit der Berliner eine Koalition aus Grünen und SPD für die Zeit nach der Abgeordnetenhauswahl am 18. September 2011.

Die Parteienpräferenz der Berliner hat sich im November nur wenig verändert. Nach der im Auftrag der Berliner Zeitung erstellten Umfrage kämen die Grünen derzeit auf 28 Prozent, die SPD auf 26. Beide hätten je einen Prozentpunkt gegenüber dem Vormonat verloren. CDU und Linke legen leicht zu und kommen nun auf 18 beziehungsweise 16 Prozent. Die FDP liegt weiterhin deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Rechnerisch könnte die Grünen mit jeder der drei anderen Parteien koalieren. Für diesen Fall plädieren laut Forsa 51 Prozent der Wähler für eine Zusammenarbeit mit der SPD. 22 Prozent liebäugeln mit Grün-Schwarz, 18 Prozent wünschen eine Koalition mit der Linken. Bei Grünen-Anhängern ist ein Bündnis mit der CDU die unbeliebteste Variante.

Frank Henkel, wahrscheinlicher Spitzenkandidat der CDU, hält Schwarz-Grün dennoch weiter für möglich. "Darüber wird erst nach der Wahl entschieden", betonte Henkel am Sonntag. "Theoretisch bleibt für Berlin damit alles beim Alten", so Henkel weiter. "Es sei denn, die Grünen geben ihre Strategie der Äquidistanz auf."

Renate Künast, Spitzenkandidatin der Grünen, wollte sich zu möglichen Konsequenzen des Hamburger Koalitions-Aus' für Berlin am Sonntag nicht äußern. Und Fraktionschef Ratzmann hielt sich dann doch noch ein Hintertürchen offen. Schließlich sei Schwarz-Grün in Hamburg nicht an Inhalten gescheitert, sondern weil die CDU dort personell weggebröselt sei. "Guter Wille zur Zusammenarbeit allein reicht nicht", sagte Ratzmann mit Blick auch auf die Berliner CDU.

Mit einem süffisant langezogenen "schaaade" kommentierte Dirk Behrendt das schwarz-grüne Aus in Hamburg. Nun werde eine solche Konstellation für Berlin "noch unwahrscheinlicher", freute sich der zum linken Parteiflügel zählende Kreuzberger Grünen-Abgeordnete. Dennoch sei es weiterhin richtig, dass seine Partei sich vor der Abgeordnetenhauswahl alle Optionen offen halte. Denn falls sich der favorsierte Partner SPD nach der Wahl völlig bockig zeige, müsse man sehen, ob man nicht doch auch mit den anderen spreche.

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister und erneut Spitzenkandidat der potenziell bockigen SPD, erklärte, Schwarz-Grün sei in Hamburg "auf ganzer Linie gescheitert". Das sei auch eine Warnung an die Grünen in Berlin, sich nicht auf den "falschen Weg" eines Bündnisses mit den Konservativen einzulassen.

28 Nov 2010

AUTOREN

Gereon Asmuth

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