taz.de -- Ex-Minister Lim über Korea-Konflikt: "Der Dialog ist die einzige Lösung"

Südkoreas Ex-Wiedervereinigungsminister Lim Dong Won macht vor allem die konservative Regierung in Seoul für die Spannungen verantwortlich und findet die See-Manöver als wenig sinnvoll.
Bild: Ausrücken zur Übung: Südkorea bereitet sich auch einen möglichen Militärschlag Nordkoreas vor.

taz: Im Konflikt mit Nordkorea verlangen die USA und Südkorea von China Druck auf Pjöngjang auszuüben. Wieviel Macht über Nordkorea hat China?

Lim Dong Won: Chinas Einfluss auf Nordkorea ist sehr groß und wird immer stärker. Doch China macht seinen Einfluss nicht geltend, weil es die Position der USA und Südkoreas nicht teilt. China ist für die schnelle Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche. Südkorea und die USA stellen aber Bedingungen. China drängt die USA zudem zu bilateralen Gesprächen mit Nordkorea wie Südkorea zur Wiederaufnahme des innerkoreanischen Dialogs. Doch Südkoreas Regierung wartet lieber ab und setzt auf den Kopllaps des Nordens. Das will China auf keinen Fall.

Warum sind direkte Gespräche mit Nordkorea gut?

Ohne Dialog nehmen die Spannungen weiter zu.

Belohnt ein Dialog nicht Nordkorea für den Beschuss der Insel Yeongpyeong im November?

Dialoge belohnen keine Seite, sondern sind im Interesse aller. Alle müssen Konzessionen machen, damit es Fortschritte gibt. Dialog ist die einzige Lösung.

Schon bisher hielt sich Nordkorea nicht an Abmachungen.

Auch die USA und Südkorea hielten Vereinbartes nicht. So wurde bei den Sechs-Parteien-Gesprächen vor zwei Jahren vereinbart, dass Nordkorea von China, Russland, den USA, Japan und Südkorea 100.000 Tonnen Öl für die Demontage seiner Atomanlagen erhält. China, Russland und die USA lieferten, doch Japan nicht und Südkorea nur 70 Prozent. Deshalb beschwerte sich Nordkorea. Auch sollte die Demontage von Nordkoreas Atomanlagen mit der Normalisierung der Beziehungen durch die USA einher gehen. Das ist nicht passiert. Jetzt bestehen die USA und Südkorea auf Abbau vor Normalisierung. Ein klarer Bruch.

Sind die Militärmanöver Südkoreas und der USA sinnvoll?

Die Manöver sollen Druck ausüben, damit sich Nordkorea auf Washingtons und Seouls Bedingungen einlässt. Das ist unwahrscheinlich.

Wie erklären Sie Nordkoreas Versenkung einer südkoreanischen Korvette im März mit 46 Toten und den Beschuss Yeongpyeongs mit vier Toten?

Südkoreas Regierung erklärte, dass ein nordkoreanischer Torpedo das Schiff versenkte. Aber in Südkoreas Gesellschaft wie unter Wissenschaftlern gibt es Widerspruch. Sie fordern mehr Untersuchungen. 70 Prozent der Südkoreaner haben Zweifel.

Niemand zweifelt an Nordkoreas Angriff auf Yeongpyeong.

Das war sehr ernst, Nordkorea sollte das nicht machen. Es war das vierte Mal seit dem Waffenstillstand 1953, das südkoreanischer Boden von Nordkorea aus angegriffen wurde. Damit will Nordkorea zeigen, dass die koreanische Halbinsel ohne Friedensabkommen eine der gefährlichsten Regionen ist und drängt so zu Gesprächen.

Südkoreas jetzige Regierung erklärte die Sonnenscheinpolitik als Fehler und für beendet.

Die konservative Regierung sieht Nordkorea vor einem Kollaps und baut auf Sanktionen und Druck. Die progressiven Parteien dagegen sehen Nordkorea Chinas Weg folgen und damit einen graduellen Wandel.

Laut Kritikern nutzte Nordkorea den Entspannungskurs, um die Atomanlagen auszubauen.

Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen Sonnenscheinpolitik und Nordkoreas Atomprogramm. Letzteres ist das Produkt feindlicher Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea. Ohne normale Beziehungen zwischen beiden kann der Atomstreit nicht gelöst werden. Nordkoreas Atomprogramm ist zwanzig Jahre alt. Unter US-Präsident Clinton hatte Nordkorea das Programm nach dem Genfer Rahmeabkommen gestoppt. George W. Bush hinterfragte Clintons Politik, zählte Nordkorea zur "Achse des Bösen" und redetete einem Regimewechsel das Wort. Darauf nahm Nordkorea das Atomprogramm wieder auf.

Welche Erfolge hatte denn die Sonnenscheinpolitik?

Sie hat zehn Jahre lang Spannungen reduziert und Vertrauen aufgebaut. Die jetzige Politik wird sich bald wieder umkehren. Die Regierung wird Wahlen zu bestehen haben. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat die Sonnenscheinpolitik unterstützt.

Nordkorea erhielt mehrere hundert Millionen US-Dollar für das Gipfeltreffen im Jahr 2000. War das ein Fehler?

Nein. Nicht Südkoreas Regierung zahlte, sondern Konzerne wie Hyundai, die im Norden Geschäfte machen wollten. Die Regierung hat das nicht blockiert. Es hieß, die Zahlungen seien gering im Vergleich zu den in Aussicht stehenden Geschäften.

15 Dec 2010

AUTOREN

Sven Hansen

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