taz.de -- Regierungskrise im Libanon: Geplatzte Regierung bleibt im Amt

Im Libanon ist die Situation weiter angespannt. Die geplatzte Regierung soll allerdings kommissarisch im Amt bleiben, bis eine neue gestellt werden kann.
Bild: Ende einer Amtszeit: der libanesische Ministerpräsident Saad al-Hariri.

BEIRUT dapd/reuters | Nach dem gestrigen Rückzug von elf von der Hisbollah und ihren Verbündeten gestellten Ministern hat der libanesische Staatspräsident Michel Suleiman den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Saad al-Hariri angenommen. Suleiman forderte al-Hariri heute allerdings auf, kommissarisch im Amt zu bleiben, bis eine neue Regierung gebildet sei. Die Beratungen über einen möglichen neuen Ministerpräsidenten sollen noch heute aufgenommen werden.

Vorausgegangen war dem Rückzug ein Streit über die in Kürze erwartete Anklage gegen Hisbollah-Anhänger. Die radikale Schiitengruppe soll in das Attentat auf den früheren Regierungschef Rafik al-Hariri im Jahr 2005 verwickelt sein. Ein UN-Tribunal will die Vorfälle untersuchen. Der Ministerpräsident al-Hariri, Sohn des Ermordeten, unterstützt die Ermittlungen. Die Hisbollah und ihre Anhänger bestreiten allerdings in den Mord verwickelt zu sein.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) appellierte an die Fraktionen im Libanon, sich verantwortungsvoll und konstruktiv zu verhalten. Gleichzeitig betonte er die Bedeutung des UN-Tribunals. US-Präsident Barack Obama, der Saad Hariri am Mittwoch in Washington empfangen hatte, sagte: "Die Bemühungen der Koalition unter Führung der Hisbollah, die libanesische Regierung zu stürzen, zeigen nur deren eigene Angst."

Angesichts der Regierungskrise im Libanon versetze Israel seine Truppen im Norden des Landes in Alarmbereitschaft. Man sei besorgt, dass die ungewisse politische Lage im Nachbarland zu neuer Gewalt an der libanesisch-israelischen Grenze führen könnte, verlautete es heute aus Militärkreisen.

13 Jan 2011

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