taz.de -- Castorblockade in Frankreich: Harte Strafen für AKW-Gegner
Gericht verurteilt einen deutschen und sechs französische AKW-Gegner zu einmonatiger Haftstrafe auf Bewährung sowie Geldbußen zwischen 1.000 und 1.500 Euro.
PARIS taz | Drei Frauen und vier Männer, die am 5. November den Castoratomtransport nach Gorleben in der Nähe in der Normandie zum Stoppen gebracht hatten, wurden am Mittwoch vom zuständigen Landgericht von Caen zu ungewöhnlich hohen Strafen verurteilt.
Sechs französische Staatsangehörige und ein Deutscher hatten sich an einer gewaltlosen Aktion der Gruppe Ganva (Groupe dactions non-violentes antinucléaires) beteiligt. Fünf von ihnen hatten sich an die Schienen gekettet und so den Castorzug mehrere Stunden lang blockiert. Auf das Argument, es habe sich um legitime Notwehr im Sinne eines zivilen Ungehorsams gehandelt, wollte der Richter nicht eingehen. Er verhängte gegen alle sieben Geldbußen in Höhe von 1.000 bis 1.500 Euro sowie je eine Haftstrafe von einem Monat auf Bewährung. Zudem müssen sie gemeinsam der Staatsbahn SNCF eine Entschädigung von 21.000 Euro zahlen.
Damit bleibt das Urteil nur geringfügig unter dem von der Staatsanwältin am 8. November geforderten Strafmaß und den 40.000 Euro, welche die SNCF für sich als Schadenersatz gefordert hatte.
Stéphane, ein Sprecher von Ganva, äußerte sich der taz gegenüber empört über das Urteil und die strengen Strafen. Diese würden die Ganva und die anderen Atomgegner nicht von weiteren Protesten abhalten, aber über die Aktionsformen müsse diskutiert werden. Es sei auch wahrscheinlich, dass Berufung gegen das Urteil eingelegt werde. Schockierend sei für ihn nicht nur die Tatsache, dass hiermit eine gewaltfreie Aktion "kriminalisiert" werde, sondern auch die Unverhältnismäßigkeit. Denn bei der Räumung seien die Aktivisten der Ganva durch das unnötig gewaltsame Vorgehen der Ordnungspolizisten zum Teil verletzt worden. Eine Klage wegen "Gewalt von Vertretern der Staatsmacht" sei jedoch von derselben Staatsanwältin, die beim Prozess in Caen gegen die sieben der Ganva einen Schuldspruch verlangte, kommentarlos abgewiesen worden. Darum habe Ganva jetzt eine Beschwerde und eine neue Strafklage eingereicht.
26 Jan 2011
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Greenpeace klagt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Laufzeitenverlängerungen für Atomkraftwerke – gemeinsam mit den Anwohnern. Andere wollen nachziehen.
Polizisten haben Anspruch auf vollen Freizeitausgleich für ihre Bereitschaftsdienste beim Castor-Einsatz, urteilt das Oberverwaltungsgericht Lüneburg. Niedersächsisches Innenministerium erwägt Revision.
Als einstige Umweltministerin soll Merkel auf Kosten der Sicherheit gehandelt haben, sagen Grüne. Deshalb wollen sie die Kanzlerin im Bundestags-Untersuchungsauschuss vernehmen.
Es soll nicht sein. Der einzige Interessent für den Neubau eines AKWs in Litauen zieht sein Angebot zurück. Die Regierung will nicht aufgeben und den Bau erneut ausschreiben.