taz.de -- Frauenquote bei Wikipedia: Wissen für alle, aber nur von Männern
3,5 Millionen Artikel in 250 Sprachen - Wikipedia hat viel erreicht in zehn Jahren. Allerdings ohne Frauen. Nur 13 Prozent der aktiv Schreibenden sind weiblich. Das soll sich ändern.
Frauen sagen nicht gern öffentlich ihre Meinung, sind insgesamt eher zurück haltend und mit Computern können sie auch nichts anfangen. All diese Klischees scheinen sich, was die Beteiligung an der Online-Enzyklopädie Wikipedia angeht, zu bestätigen. Laut einer US-Studie, die die Wikimedia Stiftung in Auftrag gegeben hat, sind gerade mal knapp 13 Prozent derjenigen, die für Wikipedia schreiben, Frauen.
Sue Gardner, Geschäftsführerin der Stiftung, will das ändern. Bis 2015 will sie den Frauenanteil auf 25 Prozent heben. "Es geht darum, die Enzyklopädie so gut zu machen, wie sie sein kann", sagt sie. Diversität an sich sei nicht das Ziel.
Die meisten Teilnehmer bei Wikipedia sind Mitte 20, über 50 Prozent haben einen gehobenen Schulabschluss oder einen Collegeabschluss. Dass Frauen fehlen, mache sich vor allem darin bemerkbar, dass klassische Frauenthemen weniger repräsentiert sind, sagt Gardner. Die Artikel über die TV-Serie "Sex and the City" seien zum Beispiel sehr kurz im Vergleich zu denen über "Die Sopranos".
Dass Frauen bei einem Projekt nicht mitmachen, das offen für alle ist und in dem es keine männliche Exekutive gibt, die weibliche Beiträge blockieren könnte, scheint überraschend. Eigentlich kann jede dort schreiben, die Hürden sind niedrigschwellig.
Wikipedia sei vergleichbar mit männlichen Hacker-Gemeinschaften, erklärt Joseph Reagle vom Berkman Center der Harvard Universität, der New York Times. Dazu gehöre eine Ideologie, die von Regeln zur Förderung von Diversität nichts wissen wolle und eine Kultur, die Frauen abschrecken könnte.
Gardner will jetzt subtil um die Frauen werben. Explizite Aufforderungen will sie nicht starten, sie fürchtet Streit. Man müsse mit dem Thema sensibel umgehen, sagte sie. Sie ist eben auch lieber zurückhaltend.
2 Feb 2011
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Nur acht Prozent der Wikipedianer sind Frauen. Um das zu ändern, will das Online-Lexikon das Bearbeitungssystem nutzerfreundlicher gestalten und wirbt aktiv für mehr Autorinnen.
In Sachsen darf eine Wissenschaftlern nicht Hochschulrektorin werden, weil ihre Krankheit wieder ausbrechen könnte. Selbst brave Studenten protestieren.
Das Wissen der Welt soll gesammelt werden, aber sammeln tun nur wenige: Wikipedia hat ein Nachwuchsproblem. Langjährige Autoren machen Neulingen teilweise das Leben schwer.
Plagiat oder Remix? Was im Fall Guttenberg zum Politikum wurde, sorgt in der Online-Enzyklopädie Wikipedia immer wieder für Streit. Nun hat ein Buchautor Strafanzeige gestellt.
Familienministerin Schröder trifft ihre französische Kollegin Bachelot und will Einigkeit im Streben nach Geschlechtergerechtigkeit zeigen. Eine feste Frauenquote soll es jedoch nicht geben.
All die Aufregung umsonst: Kurz galt die CDU nach von der Leyens Forderung nach einer gesetzlichen Quote als fortschrittlich. Jetzt spricht die Kanzlerin ein Machtwort.
Stress in Wikiland. Der Vorstand von Wikimedia Deutschland steht in der Kritik. Auslöser ist die Gründung einer Tochtergesellschaft für die Spendenverwaltung.
Wikipedia ist nicht nur ein Nachschlagewerk, sondern auch eine Datenbank der Informationen. Mit semantischen Techniken versuchen Forscher den Wissensschatz zu heben.
Das Online-Lexikon Wikipedia zeigt, dass es sehr wohl funktionieren kann, auf das Wissen und die Intelligenz der Web-User zusetzen.
Kurz vorm 10. Geburtstag hat die Wikipedia ihren jährlichen Spendenaufruf beendet. 12 Millionen Euro kamen zusammen. Was passiert jetzt mit dem Geld?
Pavel Richter ist Geschäftsführer des Fördervereins Wikimedia Deutschland. Im Interview spricht er über Technikprobleme, Betriebsblindheit und die Macht des Wissens.