taz.de -- Bundesratsinitiative aus NRW: Frauenquote kommt in den Bundesrat
Die rot-grüne Regierung in NRW startet eine Bundesratsinitiative für eine Frauenquote. Ministerin Steffens findet die Quote nur sinnvoll, wenn sie in ganz Deutschland gelte.
DÜSSELDORF dpa | Mit einer Bundesratsinitiative will Nordrhein-Westfalen eine Geschlechterquote für alle Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen auf den Weg bringen. Das kündigten NRW-Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) und Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) am Mittwoch in Düsseldorf an. Kutschaty sagte: "Freiwillige Selbstverpflichtungen gibt es seit einem Jahrzehnt, ohne dass sie zu einem messbaren Erfolg geführt hätten". Der Gleichberechtigungsgrundsatz habe Verfassungsrang und müsse durchgesetzt werden. "Die Phase freiwilliger Maßnahmen ist vorbei", so der Justizminister.
Das NRW-Quotenkonzept soll über zwei Stufen realisiert werden: Zum 1.1. 2017 sollen in jedem Aufsichtsrat jeweils mindestens 30 Prozent Männer und Frauen sitzen, fünf Jahre später 40 Prozent. Wenn die Wahl gegen die gesetzliche Mindestquote verstieß, darf der Aufsichtsrat sein Mandat nicht antreten. Unternehmen, die trotz intensiver Bemühungen nicht genügend geeignete Frauen aufzuweisen haben, sollen eine Härteklausel in Anspruch nehmen dürfen.
Steffens sagte, auch der Druck seitens der Europäischen Union werde zunehmen: "Die Frauenerwerbsquote in Deutschland ist im europäischen Vergleich grottenschlecht." Der Frauenanteil von nur zwei bis vier Prozent bei den von Anteilseignerseite gewählten Aufsichtsräten beweise: "Der Weg ganz nach oben ist in Deutschland für Frauen blockiert." Steffens kündigte zudem an, das Landesgleichstellungsgesetz von 1999 nachzubessern. Zwar sehe es eine Quote von 50 Prozent im gesamten öffentlichen Bereich vor, es fehlten aber Sanktionsmöglichkeiten. "So wird die Quote in wesentlichen Teilen nicht eingehalten."
Die Bundesratsinitiative begründet sich laut Steffens darin, dass eine entsprechende Regelung für die Privatwirtschaft nur bundeseinheitlich Sinn mache. "Wir stehen am Anfang des Prozesses und machen jetzt einen Aufschlag." Das Angebot aus NRW richte sich auch an die Kanzlerin, die die Frauen derzeit mit ihrer ablehnenden Haltung im Regen stehen lasse, sagte Steffens. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine Frauenquote in großen Unternehmen derzeit ab.
9 Feb 2011
ARTIKEL ZUM THEMA
Unternehmen sollen offenlegen, wie sie ihre Mitarbeiter bezahlen, fordert die SPD in einem Gesetz. Das Ziel: geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede abschaffen.
"Die EU-weite Quote wird kommen wie das Amen in der Kirche", sagt FDP-Spitzeneuropäerin Silvana Koch-Mehrin. Merkel droht der Wirtschaft ein bisschen, lehnt eine Quote aber weiter ab.
Die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW ist ins Schwanken geraten. Der Landtag könnte sich laut den Grünen schon vor der Sommerpause wieder auflösen.
Die Grünen haben gute Erfahrungen mit der Quote gemacht. Sie trägt auch dazu bei, die Arbeitswelt familienfreundlicher zu gestalten.
Trotz der Diskussion ist nicht damit zu rechnen, dass die FDP in naher Zukunft frauenfreundlicher wird. Und auch nicht damit, dass sie sich tatsächlich eine Frauenquote verpasst.
Um den Frauenanteil in der FDP zu erhöhen, hat der Vorstand eine 30-Prozent-Quote beschlossen. Die Liberalen Frauen wollen jedoch 40 Prozent für Parteigremien.
Hü und Hott? Vergangene Woche noch sagte sie ganz klar "Nein" zu einer Frauenquote – nun beklagt Kanzlerin Merkel wiederum die zu geringe Zahl von Frauen in Führungspositionen.
Familienministerin Schröder trifft ihre französische Kollegin Bachelot und will Einigkeit im Streben nach Geschlechtergerechtigkeit zeigen. Eine feste Frauenquote soll es jedoch nicht geben.
All die Aufregung umsonst: Kurz galt die CDU nach von der Leyens Forderung nach einer gesetzlichen Quote als fortschrittlich. Jetzt spricht die Kanzlerin ein Machtwort.