taz.de -- Volksentscheid Wasserbetriebe erfolgreich: 98 Prozent Ja-Stimmen, Quorum geknackt

Erstmals ist in Berlin ein Volksentscheid erfolgreich. Über 650.000 Berliner stimmten für Offenlegung der Wasserveträge. 98 Prozent Ja-Stimmen.
Bild: Steht heute zur Abstimmung: Der Volksentscheid zu den Berliner Wasserbetrieben

BERLIN dpa/taz | In Berlin ist erstmals ein Volksentscheid erfolgreich. 98,2 Prozent der Teilnehmer haben am Sonntag für die Offenlegung der sogenannten Wasserverträge gestimmt. Das gab die Landesabstimmungsleiterin gegen 20.20 Uhr bekannt. Noch entscheidender aber ist, dass auch die Mindestzahl der Jasager erreicht wurde. Ob die Abstimmung tatsächlich Folgen hat, ist aber unklar. Zudem ist fraglich, ob das nun beschlossene Gesetz vor dem Verfassungsgericht Bestand hat.

Hintergrund des Volksentscheids ist die umstrittene Teilprivatisierung der landeseigenen Wasserbetriebe im Jahr 1999. Seither waren die Wasserpreise gestiegen. Laut dem von der Initiative Berliner Wassertisch vorgelegten Gesetz müssen nun alle Verträge zum Verkauf offengelegt werden. Andernfalls sind sie ungültig. Der Berliner Senat hatte wiederholt angegeben, bereits alle Vertragsteile im Internet publiziert zu haben. Die Initiative Wassertisch hatte dies bezweifelt. "Das Abstimmungsergebnis zeigt, dass die Berlinerinnen und Berliner Transparenz beim Umgang mit öffentlichem Eigentum wollen", teilte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Sonntagabend mit.

Der Volksentscheid war der dritte in Berlin. Bei den Abstimmungen über das Flugfeld Tempelhof und den Religionsunterricht an Schulen war das Quorum verfehlt worden, nach dem mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja stimmen müssen. Auch am Sonntag hatte es zunächst nicht danach ausgesehen. Bis zum Mittag hatten nur 8 Prozent abgestimmt. Nach Auszählung aller Voten hatten dann schließlich aber 665.713 Personen zugestimt. Das waren 49.142 mehr als nötig.

Das gesamte Wahlergergebnis steht unter [1][www.wahlen-berlin.de].

13 Feb 2011

LINKS

[1] http://www.wahlen-berlin.de

AUTOREN

=>

ARTIKEL ZUM THEMA

Nach dem Volksentscheid: Senat agiert durchsichtig

Die rot-rote Landesregierung verzichtet auf Rechtsmittel gegen vom Volk beschlossenes Gesetz. Eine namhafte Person soll alle Verträge sichten.

Prinzip Privatisierung: Konzerne kassieren, der Bürger zahlt

Straßen, Wasser, Schulen: Public Private Partnership ist die Formel des geheimen Ausverkaufs, mit dem die öffentliche Hand seit Jahren Aufgaben privatisiert.

Ergebnis des Volksentscheids: Am Stadtrand wurde gewässert

Die Berliner am Stadtrand haben dafür gesorgt, dass das Quorum beim Volksentscheid erfüllt wurde. Vor allem Treptow-Köpenick, Steglitz-Zehlendorf und Reinickendorf.

Volksentscheid zu Wasserverträgen erfolgreich: Der Tag der Jasager

Der Erfolg beim Volksentscheid überrascht selbst die Initiatoren. Künast spricht von kalter Dusche für Wowereit. Der aber wertet das Ergebnis als Rückendeckung.

Fragen & Antworten zum Volksentscheid: Das Kreuz mit dem Wasser

2,4 Millionen Berliner sind am Sonntag dazu aufgerufen, über die Offenlegung der Wasserverträge abzustimmen. 7 Fragen und Antworten zum Volksentscheid.

Wasserpreise: Gewinne sollten höher sprudeln

Senator Harald Wolf wollte höhere Preise durchsetzen.

Interview mit Wassertisch-Sprecher Rudek: "Das ist keine Verschwörungstheorie"

Am Sonntag stimmen die Berliner über die Offenlegung der Wasserverträge ab. Hat der Senat die nicht schon offengelegt? Thomas Rudek, Sprecher der Initiative Wassertisch, sieht das anders.

Werbung für den Volksentscheid zu Wasserbetrieben: Eine Frage des Prinzips

Am Sonntag stimmen die Berliner über die Offenlegung der Wasserverträge ab. Die sind zwar weitgehend bekannt. Doch für viele Bürger geht es um mehr: um ein Votum für die staatliche Daseinsvorsorge