taz.de -- Kommentar Hartz-IV-Reform: Der neue Armen-Tarif

Mit der Hartz-IV-Reform werden Sozialgelder zwischen armen Alten, Arbeitslosen und Beitragszahlern ausgespielt. Es ist also nur eine horizontale Umverteilung am Spieltisch.

Am Ende wirkte im Streit über die Hartz-IV-Reform der gleiche Mechanismus wie bei Tarifverhandlungen: Die Kontrahenten rangen nächtelang um einen Kompromiss, der dann frühmorgens gefunden wurde. Also kann das Ergebnis so schlecht nicht sein, ist die Botschaft der Inszenierung. Es gibt in zwei Stufen 8 Euro mehr im Monat an Regelsatz. Arme Kinder erhalten 10 Euro im Monat für Vereinsmitgliedschaften. Mindestlöhne in drei Branchen kommen.

Von einer Summe, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, ist dieser Regelsatz weit entfernt. Die Berechnung erscheint durch die magere Erhöhung nicht weniger willkürlich, im Gegenteil. Dass das politische Geschachere um ein Existenzminimum am Ende mit vielfältigen Interessen zu tun hat, nur eben nicht mit dem Existenzminimum, zeigte sich selten so deutlich wie in dem nun beendeten Verhandlungsmarathon.

Ein wichtiger Punkt ist der Preis für die Einigung - der, wie üblich, erst später fällig wird. Um die Zustimmung der Länder zu gewinnen, hat die Bundesregierung den Kommunen angeboten, sukzessive die Finanzierung der Grundsicherung im Alter zu übernehmen. 4,8 Milliarden Euro kostet diese "Sozialhilfe für Alte" schätzungsweise im Jahre 2014.

Dieses Geld will die Bundesregierung bei der Bundesagentur für Arbeit sparen. Die Konjunktur laufe doch gut, da brauche man nicht mehr so viel Geld für die Arbeitslosensicherung, lautete das Argument. Vergessen scheint zu sein, dass die Wirtschaftskrise erst kurz zurückliegt, in der die Bundesagentur Millionen von Euro für Kurzarbeit ausgeben musste.

Eine solche Finanzplanung ist Hasardeurgebaren beim Sozialroulette: Man hofft, dass die Kugel eben deswegen auf Schwarz rollen wird, weil man drauf setzt. Damit werden letztlich Sozialgelder zwischen armen Alten, Arbeitslosen und Beitragszahlern ausgespielt. Horizontale Umverteilung am Spieltisch also: Dies ist der Stand der aktuellen Sozialpolitik.

21 Feb 2011

AUTOREN

Barbara Dribbusch

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