taz.de -- Türkische Fußball-Nationalmannschaft: Willkommene Gastarbeiter

Die Türkei kämpft gegen das Mittelmaß und schlägt Österreich 2:0 – mit in Deutschland ausgebildeten Profis. Trainer Guus Hiddink baggert schon bei weiteren Talenten.
Bild: Halbmond statt Adler: Mehmet Ekici hat sich am Dienstag im türkischen Team festgespielt.

ISTANBUL taz | Die zwei silbernen Stecker in Servet Cetins linkem Ohr funkelten selbst im grellen Scheinwerferlicht der vielen Kameras, die im Parkhaus des Stadions von Fenerbahçe Istanbul aufgebaut waren. Und dazu strahlte der Innenverteidiger der türkischen Nationalmannschaft überglücklich bei jedem Wort, das er den Reportern spendete.

Die Türkei hatte schließlich gerade Österreich mit 2:0 besiegt und sich somit die Chance auf die Teilnahme an der EM 2012 erhalten. Und: Der 30 Jahre alte Servet war neben Kapitän Hamit Altintop und Torhüter Volkan Demirel einer der wenigen Altgedienten im Team von Trainer Guus Hiddink.

Noch im aktuellen Stadionheft sah man Ayhan, Tuncay oder Mehmet Aurelio für eine türkische Modemarke posieren. Doch diese Spieler fehlten ebenso wie Nihat, Halil Altintop, Ömer Erdogan oder Emre Belözoglu wegen Formschwäche, Verletzung oder weil sie keine Zukunft mehr in der Milli Takim haben. Die Türkei erlebt gerade einen Generationswechsel.

Die Verunsicherung war groß nach den zwei Pleiten letzten Oktober in Deutschland (0:3) und Aserbaidschan (0:1). Auch deswegen erklärte Servet, der Sieg sei gut für die Moral. Dann machte er Platz für einen der neuen Hoffnungsträger: Mehmet Ekici, vor 21 Jahren in München geboren, absolvierte erst sein zweites Länderspiel. Mit diesem Pflichtspieleinsatz ist der vom FC Bayern an den 1. FC Nürnberg ausgeliehene Mittelfeldspieler für die Türken "festgespielt", wie die Fußballer sagen.

Noch am 3. September 2010 war Ekici für Deutschlands U21 gegen Tschechien im Einsatz. Dienstagnacht nun sagte er in Istanbul: "Ich bin dem DFB sehr dankbar für die Ausbildung, die ich genossen habe." Auch der türkische Verband ist dankbar. Mehr denn je wollen die Türken unter Guus Hiddink türkischstämmige Spieler in europäischen Klubs sichten.

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Fahnenstangen geworfen

Die Nachwuchsarbeit in den meisten türkischen Vereinen legt Wert auf schnellen Erfolg, nicht auf Nachhaltigkeit. Neben Ekici standen mit Hamit Altintop, Hakan Balta, Nuri Sahin und Serdar Kesimal vier weitere Profis, die in Deutschland geboren sind, in der türkischen Startelf. Hiddink hat nach den zwei Niederlagen im Oktober den von den Kritikern längst geforderten Neuaufbau eingeleitet.

Am Ende der Entwicklung will er "kein Problem mehr haben", 23 gute Spieler zu rekrutieren. Deshalb baggert der Holländer auch weiter an Ilker Gündogan (Nürnberg) und Ömer Toprak (Freiburg, bald Leverkusen), die sich bislang für den DFB ausgesprochen haben. "Türkische Spieler wollen angreifen, ich will ihnen diese Spielweise nicht nehmen, auch nicht ihre Emotionen. Aber wir brauchen die Balance zwischen Emotion und Disziplin."

Die erhofft sich Hiddink auch von in Europa ausgebildeten Talenten. Speziell auf Ekici hält er große Stücke; der Techniker durfte gleich alle Ecken und Freistöße treten und gehörte bis zu seiner Auswechslung (63.) zu den auffälligsten Spielern. Natürlich erleichterten die vielen deutschsprachigen Kollegen die Integration, erzählte Ekici, aber er sei von allen "sehr warmherzig" aufgenommen worden.

Dass hier eine "ganz andere Euphorie und Mentalität" herrscht als in Deutschland, hat Ekici am Dienstag gleich gemerkt. Obwohl die Türken das eher langweilige Spiel nach Toren von Arda (28.) und Gökhan (77.) diktierten, warfen türkische Fans kurz vor dem Abpfiff Fahnenstangen auf Österreichs Torhüter Jürgen Macho, der getroffen zu Boden ging. "Solche Bilder beschädigen das Bild der Türkei", ärgerte sich Hiddink. Die Strafe der Uefa wird folgen, die Türkei ist einschlägig vorbelastet.

Österreich am Boden

Während Hiddink einen Sieg zur rechten Zeit landete, herrscht in Österreich zur Halbzeit der Qualifikation Hoffnungslosigkeit. Im Kampf um Relegationsplatz zwei liegen die Österreicher zurück. Am vergangenen Freitag hatte die Auswahl in Wien nach desolater Leistung 0:2 gegen Belgien verloren.

Danach hatte es harte öffentliche Kritik an Trainer Didi Constantini gehagelt. Der Tiroler darf aber wohl weitermachen. ÖFB-Präsident Leo Windtner sagte in Istanbul: "Der Auftritt war akzeptabel. Wir stehen für Kontinuität und wollen nicht nach jedem Rückschlag die Teamchefdiskussion anfangen." Am 3. Juni treten die in der Gruppe klar führenden Deutschen in Wien an.

30 Mar 2011

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Schächter

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