taz.de -- Schuldenkrise in Griechenland: Ist das Kultur oder kann das weg?

60 Millionen Euro investiert Griechenland jährlich in Schulen außerhalb des Landes. Da wird jetzt gespart – auch in Deutschland.
Bild: Muss an griechischen Schulen bald vielleicht keiner mehr lernen: Irgendwas von Plutarch.

ATHEN taz | Fofi Gennimata, stellvertretende griechische Bildungsministerin, sprach von "pädagogischen, aber auch wirtschaftlichen Gründen", als sie vor die Presse trat: Etliche griechische Schulen in Deutschland sollen aufgelöst oder zusammengelegt werden. Dabei ist das ökonomische Argument deutlich einleuchtender. Denn die Gymnasien und Ergänzungsschulen sind nicht die einzigen Bildungs- und Kulturstätten in Deutschland, die auf dem Athener Streichplan stehen.

60 Millionen Euro jährlich investiert der griechische Staat in Schulen außerhalb der Landesgrenzen. Mehr als 2.000 Lehrerinnen und Lehrer sind im Auslandseinsatz, damit Migrantenkinder bessere Chancen auf einen Studienplatz in Griechenland haben. Doch in den letzten Jahren wird die Existenzberechtigung der Ergänzungsschulen zunehmend infrage gestellt. Die meisten jungen Griechen durchlaufen das deutsche Bildungssystem erfolgreich und sehen ihre persönliche Zukunft überwiegend in Deutschland.

Ministerin Gennimata zieht nun die Sparbremse. Beispiel Baden-Württemberg: Griechische Gymnasien in Stuttgart, Neustadt und Ludwigsburg werden zusammengelegt, eine Ergänzungsschule in Waiblingen ist bereits dicht. Weitere Kürzungen stehen in Berlin, Hamburg, Köln, Hannover, Mannheim und Schweinfurt bevor.

Auch bei Auslandsvertretungen sieht die griechische Regierung Sparpotenzial. Bis 2012 werden die Konsulate in Hannover, Leipzig und Köln geschlossen. Zudem sinken die Ausgaben für das Außenministerium im laufenden Haushalt um mehr als 20 Prozent. Griechischen Diplomaten drohen erhebliche Einkommenskürzungen. "Schon heute müssen Kollegen mit 1.050 Euro im Monat auskommen", klagte der ehemalige Kölner Generalkonsul Nikolaos Tsamados. Auf taz-Anfrage erklärte er, zur Not gingen die schlecht bezahlten Diplomaten auch auf die Straße.

Auch die Griechische Zentrale für Fremdenverkehr muss ihre Büros in Berlin, Hamburg und München schließen, das Frankfurter Büro betreut künftig ganz Deutschland und die Schweiz allein. Da immer mehr Reisende Informationen aus dem Internet holen, seien die Fremdenverkehrsämter ohnehin nicht mehr nötig, glauben die Verantwortlichen in Athen zu wissen.

Angesichts knapper Kassen stellen sie nicht zuletzt ein besonderes Prestigeobjekt ihrer eigenen Kulturpolitik infrage: die Finanzierung von Lehrstühlen für Griechische Philologie im Ausland. Beispiel Bonn: Das Institut für Griechische und Lateinische Philologie in der ehemaligen Hauptstadt der Bundesrepublik hat einen hervorragenden Ruf. Doch 2011 werden Drittmittel aus Athen wohl um 40 Prozent gekürzt.

26 Apr 2011

AUTOREN

Jannis Papadimitriou

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