taz.de -- Kommentar Seligsprechung: Berlusconis Kirche

Unter Johannes Paul II. mischte der Vatikan verstärkt in der italienischen Politik mit. Mit Berlusconi gibt es einen engen Schulterschluss.
Bild: Wer glaubt, wird selig? Gläubige auf dem Weg zur Seligsprechung.

Eiliger Vater" - diesen Ehrentitel hatte Johannes Paul II. sich schon zu Lebzeiten erworben, und auch aus dem Jenseits heraus verteidigt er ihn erfolgreich. Der als "Papa buono", als "gutherziger Papst" in Italien hoch verehrte Johannes XXIII. zum Beispiel brauchte immerhin 37 Jahre bis zur Seligsprechung. JP II. dagegen schafft das Gleiche in gerade einmal sechs.

"Papst der Globalisierung" sei der reisefreudige Mann gewesen, ist in diesen Tagen in italienischen Zeitungen zu lesen, und zugleich gilt er als derjenige, der die Kirche endlich aus den Niederungen der italienischen Politik befreit habe.

In der Tat hatten seine Vorgänger immer ein sehr enges Verhältnis zur damals in Rom herrschenden Democrazia Cristiana (DC) gepflegt. In der Tat war damit unter Wojtyla Schluss - endgültig, als die DC 1993 auseinanderbrach:

Der "weltliche Arm" in Italien war damit dem Vatikan abhanden gekommen. Doch unter Johannes Paul II. und dessen Chef der Kongregation für Glaubensfragen, Kardinal Ratzinger, setzte die Kurie nun auf einen weit aggressiveren Interventionismus: Ohne politische "Vermittlung" durch die DC oder andere katholische Parteien grätscht sie regelmäßig hinein in Italiens innenpolitische Auseinandersetzungen über Schwulenehe, Patientenverfügung, Pränataldiagnostik oder Schulpolitik, ohne noch auf entschlossene Gegenspieler zu treffen.

Stattdessen hat sie in Italien Fans wie Silvio Berlusconi. Der lobte erst jetzt wieder den gerade selig gesprochenen Wojtyla für ein gemeinsames Herzensanliegen: den "Kampf gegen den Kommunismus".

Und legte gleich nach, Italien werde unter seiner Regierung nie und nimmer "antichristliche Gesetze" verabschieden. Berlusconi weiß nur zu gut, dass unter Papst Ratzinger der in den Zielen fundamentalistische, in der Wahl der (manchmal aus kirchlicher Sicht eigentlich unpräsentablen) Partner aber höchst pragmatische Kurs beibehalten wird, den Johannes Paul II. eingeschlagen hat.

1 May 2011

AUTOREN

Michael Braun

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