taz.de -- Wirtschaftswachstum in Deutschland: So stark wie vor der Krise

Deutschlands BIP wächst schneller als das der anderen großen EU-Länder: 5,2 Prozent. Die Prognosen für Griechenland und Portugal wurden nach unten korrigiert.
Bild: Verkauft ins Ausland: Beladenes Containerschiff im Hamburger Hafen.

Die Finanzkrise ist vorbei, zumindest ökonomisch: Die deutsche Wirtschaftsleistung hat wieder das Niveau von Anfang 2008 erreicht, wie das statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im ersten Quartal dieses Jahres um 1,5 Prozent gewachsen - im Vergleich zum ersten Quartal 2010 waren es sogar 5,2 Prozent. Das ist ein Rekord in der bundesdeutschen Geschichte seit der Wiedervereinigung.

Doch nicht nur Deutschlands Wirtschaft wächst, auch die meisten Nachbarländer steigerten ihre Wirtschaftsleistung. Das BIP der Gesamt-EU und der Eurozone legte im Vergleich zum ersten Quartal 2010 um jeweils 2,5 Prozent zu, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Freitag mitteilte. Damit wuchs die EU-Wirtschaft stärker als die der USA, die im Vergleich zum Vorjahresquartal 2010 nur auf ein Plus von 2,3 Prozent kam.

Neben Deutschland wuchsen vor allem Litauen (6,8 Prozent), Finnland (5,2 Prozent) und Österreich (4 Prozent).

Griechenland hingegen musste ein Minus von 4,8 Prozent verkraften. Die EU-Kommission korrigierte daher ihre Prognose für Griechenland nach unten: Sie rechnet 2011 nun mit einer Gesamtverschuldung von 157 Prozent des BIPs. Im kommenden Jahr sollen es sogar 166,1 Prozent sein. Damit sitzt Griechenland in der Schuldenfalle: Die bisherigen Sparanstrengungen haben die Rezession sogar noch verschärft, sodass die bisherigen Kredithilfen von 110 Milliarden Euro nicht ausreichen werden.

Auch für Portugal sind die Aussichten nicht günstig, das ein Hilfspaket von knapp 80 Milliarden Euro bekommen soll. Die EU-Kommission rechnet damit, dass die portugiesische Wirtschaft in diesem Jahr um 2,2 Prozent schrumpfen wird. Nächstes Jahr soll das Minus dann 1,8 Prozent betragen. Die Schulden werden im Jahr 2011 auf 107,4 Prozent des BIP steigen. Das sind 15 Prozentpunkte mehr, als noch vor sechs Monaten prognostiziert. Nur das angeschlagene Irland wächst ein bisschen: Für 2011 prognostizieren die EU-Experten ein Plus von 0,6 Prozent. Die Staatsschulden werden aber trotzdem auf 112 Prozent des BIP steigen.

Der Aufschwung in vielen Ländern Europas zeigt sich auch in der Atmosphäre: Die deutschen Kohlendioxidemissionen haben 2010 wieder deutlich zugenommen, erklärte am Freitag das Umweltbundesamt (UBA). Die Treibhausgasemissionen aus Industrie und Kraftwerken lagen 2010 um sechs Prozent über den Werten von 2009. In diesem Krisenjahr waren Produktion und Energieverbrauch eingebrochen. Die Emissionen von 2010 überstiegen mit 454 Millionen Tonnen CO2 knapp die jährlich erlaubte Obergrenze von 452 Millionen Tonnen, was durch den Zukauf von Emissionszertifikaten ausgeglichen wurde.

Eine Belastung ist der Emissionshandel für die Industrie allerdings kaum, betonte das UBA. Nur die Energiewirtschaft habe Zertifikate zukaufen müssen - fast alle anderen Branchen waren dagegen so großzügig mit Verschmutzerlizenzen ausgestattet worden, dass sie diese sogar verkaufen konnten. Allein zwischen 2008 und 2010 habe die Menge der nicht gebrauchten Zertifikate "einen aktuellen Marktwert von etwa 1,1 Milliarden Euro", hieß es.

13 May 2011

AUTOREN

Herrmann
Pötter

ARTIKEL ZUM THEMA

EU macht Druck auf Griechenland: "Die Privatisierung ist in Verzug"

Europas oberster Finanzminister Juncker wies Gerüchte über eine große Umschuldung Griechenlands zurück. Heute beraten die Finanzminister über Regulierung von Spekulation.

Kommentar Deutsches Rekordwachstum: Kein goldenes Jahrzehnt

Die Wirtschaft wächst rasant und erklimmt neue Rekorde. Aber zu den mathematischen Banalitäten gehört, dass ein gutes Jahr noch kein Jahrzehnt ist.

Kommentar Steuerschätzung: Der Arme ist der Dumme

Vor allem Verbraucher und abhängig Beschäftigte finanzieren den Staat. Die Kapitalbesitzer hingegen kommen billig davon. Das muss geändert werden.