taz.de -- Kommentar Bürgerschaftswahl Bremen: Die CDU im Dickicht der Städte
Die FDP ohne Westerwelle ist auch keine Lösung. Und die CDU muss langsam alarmiert sein. Die Union liegt bundesweit stabil über 30 Prozent - doch das Fundament hat Risse.
Man sollte aus der Bremer Wahl alleine keine allzu großformatigen Schlussfolgerungen ziehen. Dieses Bundesland hat halb so viel Einwohner wie Köln. Und die politische Landschaft ist speziell.
Die SPD regiert seit 1945, ohne dass es zu Rebellionen gegen Machtverkrustungen gekommen ist. Rot-Grün hat vier Jahre störungsfrei regiert und in der Bildungspolitik mit der CDU einen Kompromiss ausgehandelt.
Die Konservativen hatten im Wahlkampf daher kein Thema - eine Chance auf einen Machtwechsel sowieso nicht. Und Jens Böhrnsen, der Unauffällige, liegt sogar im Polit-Modetrend. Stille Solide sind gefragt, Lautsprecher nicht.
Und doch zeigt diese Wahl etwas, das über das Besondere hinausweist. Noch nie haben Parteien, die im Bund regieren, bei einer Landtagswahl so mies abgeschnitten. Nur ein Viertel haben CDU und FDP gewählt. So schlecht war noch nicht mal das Ergebnis für Rot-Grün in Bayern nach der Agenda 2010.
Für die FDP heißt das: Ohne Westerwelle ist halt auch keine Lösung. Auch die CDU muss langsam alarmiert sein. Die Union liegt in Bundes-Umfragen zwar stabil über 30 Prozent - doch das Fundament hat Risse. Die Union ist in Lebenstilfragen offener geworden. Sie hat das Konservativ-Kirchliche still nach hinten geräumt, und sich dafür mit Elterngeld und schwulen Bürgermeistern arrangiert.
Die CDU sollte unter Merkel unbedingt zur modernen Großstadtpartei werden. Denn, so der Befund: Gegen junge Frauen in den Großstädten gewinnt die Union keine Wahl. In Bremen ist die CDU mit einer liberalen Frau angetreten, die auch beim schwul-lesbischen Arbeitskreis Wahlkampf machte.
Ohne Erfolg. Diese Strategie ist gescheitert - nicht nur in Bremen. In Hamburg hat die CDU mit Schwarz-Grün eine herbe Niederlage erlebt. In Stuttgart bekam sie bei den Landtagswahl weniger Stimmen als die Grünen. In Berlin wird die CDU im Herbst, wie in Bremen, wohl nur dritte Kraft hinter SPD und Grünen.
Kurzum: Die CDU verliert den Anschluss an die urbanen Szenen. Wenn sie sich an diese Milieus anschmiegt, nutzt ihr das nichts - zurück zu Kirche, Kinder, Küche führt auch kein Weg. Die hektischen Schwenks Richtung Grüne - erst als Dagegen-Partei verteufeln, dann den Anti-Atomkurs imitieren - wirken hilflos.
Die CDU verliert derzeit nicht nicht nur WählerInnen. Was da bröckelt, ist der Kern von Merkels Modernisierung.
22 May 2011
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