taz.de -- Kommentar Autobrände in Berlin: Angst ist nie ein linkes Argument

Die Autobrandstifter sind wieder da. Der linken Szene kann das nur schaden. Denn die Zündeleien sind totalitär und nicht anschlussfähig.
Bild: Feuerwehrmänner im Löschschaum: Autobrand in Berlin.

Jetzt brennen sie also wieder. Hier ein Mercedes. Da ein BMW. Dort ein Lieferwagen irgendeiner für böse gehaltenen Firma. Na super! Irgendwelche dummen Jungs fühlen sich weiß Gott wie revolutionär, indem sie im Dunkeln ein paar Autos abfackeln.

Wahrscheinlich fühlen sie sich auch noch mutig. Und wahnsinnig im Recht.

Denn leider ist es unbenommen so, dass das Autoanzünden einen Effekt hat. Auch ohne große politische Pamphlete wird schnell klar: Hier ist ein bestimmter Teil der Bevölkerung nicht gewollt. Nicht im Kiez. Nicht in der Stadt. Am liebsten überhaupt nicht.

Aber selbst diejenigen, die beim mehr als berechtigten Protest gegen die Aufwertung, gegen den Umbau der Stadt Gewalt gegen Sachen für legitim halten, müssten eigentlich erkennen, welchen Preis sie zahlen.

Sie begrenzen die freie, persönliche Entfaltung der anderen. Sie produzieren Angst. Angst aber kann niemals Ziel, nicht einmal Zwischenschritt linken Handelns sein. Denn Angst ist totalitär.

Und falls das alles nicht überzeugt, vielleicht noch ein letztes Argument: Autoanzünden ist sowas von 2009. Altbacken. Langweilig. Gähn!

Wer nach zeitgemäßen Handlungsstrukturen sucht, der sollte vielleicht mal den jungen Spaniern über die Schultern schauen, die jetzt auch in Berlin mobilmachen. Sie setzen sich stundenlang auf die Straße, sie diskutieren basisdemokratisch ihr noch zielloses Unwohlsein. Man mag sie für harmlos halten. Für luschig. Für naiv. Eins aber sind sie mit Sicherheit: anschlussfähig an die Mehrheit der Gesellschaft. Und das, obwohl sie ganz offen nach Revolution rufen.

22 May 2011

AUTOREN

Gereon Asmuth

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